: Froh in Kreuzberg
Gerade komme ich (26, lesbisch) aus den Weihnachtsferien aus Baden-Württemberg. Dort habe ich zusammen mit meiner Partnerin Silvester gefeiert – mit einem Marokkaner, einem Palästinenser und dessen deutscher Freundin. Ein super Fest: und ganz ohne Homophobie! Ohne Bomben! Ohne judenfeindliche Hetzsprüche! Ohne Verschwörungstheorien über 9/11!
Bin aber froh, wieder in Kreuzberg zu sein: denn die kleingeistigen CDU-Wähler in den Straßen und Gassen haben mich zunehmend unfrei fühlen lassen. Und im (muslimisch geprägten) Wrangelkiez können wir uns auch besser in der Öffentlichkeit küssen, ohne angestarrt oder von moralischen Holzhämmern erschlagen zu werden.
Ich wünsche mir tolerante, linke, offene, pazifistische, frauenrespektierende, homofreundliche, religionskritische, verfassungstreue Mitmenschen – aber die stigmatisierende Praxis der CDU-Landesregierung gegen eine einzelne religiöse Glaubensgemeinschaft schreit zum Himmel. Nach der neuesten repräsentativen Umfrage des Instituts für interdisziplinäre Konflikt-und Gewaltforschung der Universität Bielefeld ist Homophobie in Deutschland sehr verbreitet, und zwar nicht nur unter RentnerInnen. Jeder fünfte Deutsche würde seine Wohnung nicht an Homosexuelle vermieten, über ein Drittel findet es ekelhaft, wenn Homosexuelle sich in der Öffentlichkeit küssen. Und sicher sind nicht über ein Drittel der Deutschen Muslime.
LISA MACKENRODT, Berlin