DER STREIT UM DAS IRANISCHE ATOMPROGRAMM ESKALIERT : Der harte Kern
Die Vorstellung lässt frösteln. Doch die Vorstellung, dass neben dem Nahostkonflikt zwischen Israel und Palästina und den Wirren im Irak nunmehr ein neuer Kriegsschauplatz in der Region droht, erscheint nach den letzten Tage nicht mehr abwegig. Vor allem durch die Bemerkung des Generalsekretärs der Internationalen Atombehörde al-Baradei, Iran sei womöglich nur noch wenige Monate vom Bau einer Atombombe entfernt, hat der Konflikt um das iranische Atomprogramm erheblich an Brisanz gewonnen.
Das Szenario ähnelt dem vor dem Irakkrieg. Doch es gibt auch gravierende Unterschiede: Dieses Mal stehen die USA und Briten nicht allein. Nach dem Scheitern ihrer dilettantischen diplomatischen Bemühungen hat sich die EU auf die Seite der USA geschlagen. Nun geht es nur noch darum, Russland und China von der Notwendigkeit von Sanktionen gegen Iran zu überzeugen. Vermutlich wird man die beiden Staaten zumindest so weit bringen, dass sie Beschlüsse des Sicherheitsrats nicht blockieren und sich der Stimme enthalten. Damit wäre die Front komplett und der Weg frei für die USA, ihre Strategie zu verfolgen.
Es gibt aber auch einen bedeutenden Unterschied: Iran ist nicht Irak. Zwar wird das Regime der Mullahs von der überwiegenden Mehrheit des iranischen Volkes abgelehnt. Aber immer noch stehen einige Millionen Menschen hinter dem Regime – darunter viele, die ideologisch verblendet sind und zu jedem Opfer bereit wären. Zudem würde ein Angriff von außen bei den Iranern, die ihre nationale Souveränität als Ehrensache betrachten, eine Welle der Solidarität auslösen und sie zum Widerstand bewegen.
Man darf auch die Wirkung, die ein Angriff auf den Iran in anderen islamischen Staaten auslösen würde, nicht unterschätzen – und auch nicht den großen Einfluss, über den Iran im Irak verfügt. Die Frage ist nun, ob die internationale Staatengemeinschaft einen weiteren Kriegsschauplatz in der Region verkraften könnte – oder ob sich dieses Abenteuer noch durch eine diplomatische Lösung vermeiden lässt. BAHMAN NIRUMAND