FELIX LEE POLITIK VON UNTEN : Dresdens ambivalenter Protest
Am 13. Februar in Dresden gegen die Nazi-Kundgebung zu demonstrieren, mag nötig sein. Angenehm ist es nicht
Wenn ich in diesen Tagen mein Facebook-Konto öffne, fällt auf: Einige meiner „Freunde“ sehen ganz schön gleich aus. Anstelle des Profilfotos haben sie das pink-weiß-blaue Mobilisierungsplakat für den 13. Februar in Dresden gestellt.
Eine – wie ich finde – sehr sympathische Form der Solidaritätsbekundung: Sie werben für die Proteste gegen den wahrscheinlich größten Nazi-Aufmarsch in Europa. Und sie protestieren zugleich gegen die Hausdurchsuchungen, die es vor zwei Wochen in linken Einrichtungen gegeben hat und bei denen mehrere tausend dieser Plakate beschlagnahmt wurden. Die Dresdner Staatsanwaltschaft war der absurden Auffassung, dass es sich bei dem Blockadeaufruf auf dem Plakat um eine Straftat handele. Dies rechtfertige Razzien.
Inzwischen ist die Staatsanwaltschaft zurückgerudert. Einige Antifas und Nazigegner feiern diesen Lapsus als Erfolg – sie spekulieren darauf, dass sich viele jetzt erst recht den Rechtsextremisten in den Weg stellen werden. Bei einigen Unentschlossenen mag das so sein, in der Summe finde ich diese Annahme aber doch zu optimistisch gedacht.
Wer in den vergangenen Jahren am 13. Februar in Dresden gewesen ist, wird nachvollziehen, was ich meine. Es geht nicht nur darum, dass man als Gegendemonstrant stundenlang bei Eiseskälte von der Polizei festgehalten wurde, um dann in Sichtweite irgendwann einen nimmer enden wollenden Zug von Neonazis an sich vorbeiziehen zu sehen. Unangenehm ist Dresden auch, weil sich die zivilgesellschaftlichen Kräfte keineswegs einig sind, wie sie mit diesem 13. Februar umgehen sollen, dem Jahrestag, an dem 1945 die Alliierten die Stadt bombardierten. Einige wollen mit Lichterketten der deutschen Opfer des Zweiten Weltkriegs gedenken – und machen sich damit letztlich mit dem Anliegen der Rechtsextremisten gemein. Andere halten zu Recht diesen Tag für Gedenkveranstaltungen für völlig ungeeignet – wird damit doch suggeriert, dass die Briten die Täter waren und nicht die Nazi-Deutschen. Mich persönlich schreckt dieses ungeklärte Verhältnis vom Protest in Dresden ab.
Aber wer weiß: Vielleicht wird es dieses Mal anders. Stadtobere und Dresdner Bürger sehen an diesem Tag von ihren Gedenkfeiern ab und blockieren doch noch gemeinsam mit Antifas. Nächstes Jahr wären tatsächlich viele dabei.
■ Der Autor ist taz-Redakteur für soziale Bewegungen Foto: Wolfgang Borrs