AVANTGARDE-LEGENDE UND REDUZIERTES DUO
: Alte Unbekannte

Nils Schuhmacher

Wie es die ganzen Duos – unterschiedliche Beispiele für dasselbe Phänomen: Blood Red Shoes, White Stripes – schaffen, dass sie so laut sind und gleichzeitig so vollständig klingen, ist eine Frage, die man auch noch mal diskutieren könnte (aber an anderer Stelle). Two Gallants jedenfalls kennen das Rezept. Sie verwenden es jedoch, anders als die Genannten, in dosierter Weise. Die beiden jungen Männer aus San Francisco präsentieren sich so weniger als entfesselte und schwitzende Rock- oder Blues-Monster, sondern als eine Art Werkschau für alle, die von laut zu leise und von wütend bis fragil reicht. Knarzender Gitarrensound reiht sich an Akustikgitarre, Lagerfeuer drängen sich an Festivalbühnen. Interessant: die aufgekratzte Stimmfärbung von Adam Stephens, die zwischen Kings of Leon an Whisky, Bod-Dylan-Azubi und schimpfendem Against-Me-Turbofolk angesiedelt ist. Mi, 22. 5., 20 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30

Von einem „Wiedersehen“ mit alten Bekannten ist nur bedingt zu sprechen, wenn die Residents mal wieder um die Ecke biegen. Die Band hat in ihrer mittlerweile über 40-jährigen Geschichte zwar allein 39 Studioalben veröffentlicht und sich als ausgesprochen tourfreudig ausgewiesen – man kennt sich also –, gleichzeitig hat sie aber auch immer sorgsam darauf geachtet, mittels umfassender Tarnung die Identität der Beteiligten zu hüten wie den Schatz im Silbersee. Das Einzige, was man über die stark verkleideten Herrschaften deshalb weiß: Hinter ihnen stehen nicht, wie in den 1970er-Jahren mal vermutet, die Beatles. Den Status einer weithin uneinschätzbaren Legende der Avantgarde-Musik halten die US-Amerikaner allerdings weniger aufgrund dieser Geheimhaltungspolitik, sondern weil ihr Geschäft die planmäßig betriebene Subversion popmusikmäßiger Erwartungen ist.

Vieles erscheint aus der Perspektive der sogenannten normalen Hörgewohnheit zunächst schlichtweg unkonsumierbar, im Augenblick der Gewöhnung wird dann aber auch noch die fieseste Dekonstruktion mit ironisch-leichtfertiger Geste weggewischt. Um im Bild zu bleiben: 2011 veröffentlichte die Band zeitgleich ein Download-only-Album und eine betont unkonzeptionierte, mit Neuinterpretationen versehene Platte, um gleich noch in abgespeckter Version (zu dritt) ein düsteres Werk auf Spanisch hinterherzuschieben. In diesem Land möchte man auch mal gerne wohnen. Oder auf Besuch sein.

Di, 21. 5., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36