: Kemper räumt auf
Der neue NRW-Staatssekretär stellt alle medienpolitischen Einrichtungen zur Disposition. Wie er den Medienstandort aufpolieren will, sagt er nicht
VON SEBASTIAN SEDLMAYR
Der für Medienpolitik zuständige Staatssekretär Thomas Kemper (CDU) kündigt eine radikale Inventur der medienpolitischen Einrichtungen des Landes an. Keine der unter SPD-Führung ins Leben gerufenen Institutionen sei sicher. „Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, man könne die Fördergießkanne über die Medienbranche schwenken“, so Kemper zur taz. „Wir stellen alle geförderten Institutionen, Veranstaltungen und Projekte auf den Prüfstand. Sein Grundsatz lautet: „Stärken stärken und das Profil des Medienstandortes NRW schärfen.“
Monatelang hatte sich Kemper nicht zu Wort gemeldet. „Thomas Kemper schweigt“, schrieb der Medien-Branchendienst comcologne in seinem Ausblick auf das Jahr 2006. Was wollte man auch sagen zur aktuellen NRW-Medienpolitik? NRW und Medien – das ist doch wie Deutschland und Wirtschaftsaufschwung, längst passé. Doch Kempers langes Schweigen scheint nicht nur der lauen Lage im einstigen Medienwunderland geschuldet sondern auch dem Temperament eines Hochsauerländers. Was seine Vorgängerin, die SPD-nahe Miriam Meckel, bisweilen zu viel an medienpolitischem Make-up auftrug, hat Kemper zu wenig.
Thomas Kemper hat die nordrhein-westfälische Medienlandschaft in den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit erkundet, ist beim WDR vorstellig geworden, hat sich – wohl zur Abschreckung – das Millionengrab Coloneum in Köln-Ossendorf angeschaut, wo riesige Studioflächen leer stehen. Mit seiner Ankündigung, sämtliche vom Land geförderten Einrichtungen auf den Prüfstand zu stellen, beginnt das große Umkrempeln der von den Sozialdemokraten Johannes Rau und Wolfgang Clement erfundenen NRW-Medienstandortpolitik.
Eine Institution aus den Zeiten der SPD ist schon umgebaut worden. Das Medienforum NRW wird nicht mehr vom Land ausgerichtet. Nun gibt es einen Extra-Tag für die Zeitungsverleger, die gerne über Print und Internet diskutieren wollen. SPD-Urgestein Wolfgang Hahn-Cremer hat seinen Posten bei der Landesanstalt für Medien (LfM) abgegeben und soll nun als Geschäftsführer der Tochterfirma LfM Nova GmbH das 18. Medienforum ab dem 21. Mai in Rekordzeit organisieren. Hahn-Cremers Posten hat die den Grünen nahe stehende Frauke Gerlach erobert (siehe Interview). Schraube für Schraube wird der sozialdemokratische Motor der NRW-Medienmaschinerie ersetzt.
Von dem international beachteten Film- und Fernsehfest „Cologne Conference“ drohte sich das Land zunächst ganz zu trennen. Dann lenkte die Staatskanzlei ein. Die Agentur HMR, die Namensrechte an der Cologne Conference reklamiert hatte, ist auch dieses Jahr wieder beteiligt – jedoch in geringerem Umfang als 2005. Kempers Kommentar: „Es gibt nun einmal kein Abonnement auf solche Aufträge.“
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte zum Amtsantritt im Juni 2005 vollmundig angekündigt, NRW solle als Medienstandort „Weltspitze“ werden. Und nun? Kempers Schwerpunkte sind Gummibälle, mit denen das Land und die geförderten Akteure jahrelang Polit-Ping-Pong spielen können: „Abbau von verkrusteten Strukturen und Überregulierungen, Standortkonzentrationen und nicht zuletzt Verbesserung der Aus- und Fortbildungsstrukturen.“
Was heißt das für das Grimme-Institut in Marl? Wird der Etat der Filmstiftung weiter schrumpfen? Bekommt Köln eine neue Filmakademie, in der die Internationale Filmschule und die Kunsthochschule für Medien aufgehen? Wie könnten weitere Abwanderungen nach Berlin und in andere Städte verhindert werden? Mit dem „Abbau von Doppelstrukturen“ und einer zentralen „Anlauf- und Informationsstelle für Medienansiedlungen und -gründungen“, wie Kemper vorschlägt? „Unser Land besitzt ohne Zweifel das Potenzial, um sich im nationalen und internationalen Wettbewerb glänzend behaupten zu können“, resümiert der Medienstaatssekretär. „Wir wollen diese Chancen nutzen.“ Nur wie, das wurde bislang nicht verraten.