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Archiv-Artikel

„Wir kämpfen weiter für die Idee des Palastes“

Viele Berliner haben sich für den Erhalt des Palastes der Republik eingesetzt. Drei Porträts, die zeigen, warum der Kampf nicht vergeblich war

Klaus Wons (70), Vorsitzender des Sprecherrats der ehemaligen Mitarbeiter des Palastes

Wenn Klaus Wons an den Palast denkt, denkt er nicht an das ausgeweidete Stahlbetongerippe, das heute auf dem Schlossplatz um den Abriss bangt. Dieser Gedanke tut ihm zu weh. Lieber denkt er an das lebendige Volkshaus von damals – mit Jugenddisko, Palastbällen und Livekonzerten. Von 1976 bis 1990 arbeitete Wons im Palast, zuerst als Leiter des Jugendtreffs, dann als Verantwortlicher für das künstlerische Gesamtprogramm. Er ist heute noch stolz, Stars wie Harry Belafonte oder James Last in den Palast geholt zu haben. „Der Laden brummte, in all den Jahren kamen 45 Millionen Besucher.“ 1990 stand Wons als einer von 1.800 Mitarbeitern auf der Straße, ohne Kündigung, ohne Abfindung.

1995 schloss er sich mit ehemaligen Kollegen zusammen. Sie wollten eine Ost-West-Begegnungsstätte errichten. Briefe an Senat, Bundesregierung und Unesco waren vergeblich.

In der kulturellen Zwischennutzung sieht Wons eine Perspektive für das Gebäude: „Die jungen Leute haben gezeigt, was dort alles möglich ist. Das kann die Politik nicht ignorieren.“ Und wenn der Palast doch abgerissen wird? Dann werden Wons und seine ehemaligen Kollegen weitermachen. „Als Rentner habe ich viel Zeit“, sagt er, und es ist plötzlich eine gewisse Schärfe in seiner Stimme. „Dann werde ich alle Lügen aufrollen, von der Asbestsanierung bis zum Schlossgutachten. Damit in aller Welt bekannt wird, was hier für ein Unrecht geschehen ist.“

Ulrich Vogl (32), Mitglied der Initiative Palastretter

Ulrich Vogl lebt seit 1999 in Berlin. Zum Palastretter wurde der Künstler aber erst während eines Auslandsaufenthaltes in New York. Dort diskutierten Künstler, Architekten und Stadtplaner begeistert die kulturelle Zwischennutzung. Die nahmen sie zum Anlass, neue Visionen städtischer Raumnutzung zu entwickeln. Zurück in Berlin, registrierte Vogl, dass hier stur am Abriss festgehalten wurde.

Er tat sich mit befreundeten Architekten und Soziologen zusammen, um für die Weiterverwendung der vorhandenen Bausubstanz zu kämpfen. Zu viert veranstalteten sie als „Palastretter“ Mahnwachen, dann schlossen sie sich mit anderen Gruppen im „Bündnis für den Palast“ zusammen. Vogl besuchte öffentliche Anhörungen und den Kulturausschuss, organisierte Demonstrationen.

Für den gebürtigen Allgäuer waren die letzten Monate ein Lehrstück in Demokratie. „Es ist schön zu sehen, was man als Bürger bewegen kann“, sagt Vogl. Aus dem Ziel, den Palast zu erhalten, ist inzwischen ein allgemeineres Anliegen geworden. „Wir werden weiter für die Idee des Palastes kämpfen“, sagt Vogl, „öffentlich zugänglicher Raum für alle ist wichtig. Jetzt, wo die Öffentlichkeit sensibilisiert ist, muss man die Diskussion am Laufen halten. Damit die Zukunft des Platzes nicht von den Schlossfreunden allein bestimmt wird.“

Hendrik Twenhöven (26), Büroorganisator des Bündnisses für den Palast

Hendrik Twenhöven hat es aus Liebe getan. Nachdem er im Sommer 2005 sein Architekturdiplom in Potsdam abgelegt hatte, folgte er seiner Freundin nach Berlin. Obwohl er wusste, dass die Jobsituation für Architekten dort eher schlecht aussieht. „Vielleicht bin ich da ein bisschen naiv“, sagt der 26-Jährige. Auch dass er seit November ehrenamtliche Büroarbeit für das Bündnis für den Palast macht, ist der Liebe geschuldet. Twenhöven betrat im September letzten Jahres zum ersten Mal den Palast der Republik und verliebte sich sofort in die monströse Ästhetik des entkernten Stahlbaus. „Der Kontrast zum unansehnlichen Äußeren war gigantisch“, erinnert er sich. „In meinem Kopf öffneten sich Fantasieräume, ich war total begeistert.“

Als er für das Gebäude entbrannte, war der Abriss bereits beschlossen. Doch der verliebte Jungarchitekt verlor keine Zeit und heuerte bei dem neu gegründeten Bündnis für den Palast als Praktikant an. Für die Entwicklung eigener architektonischer Konzepte blieb ihm bislang wenig Zeit: Er richtete ein Büro ein und koordinierte die Kommunikation zwischen den verschiedenen Einzelpersonen und Kleingruppen des Bündnisses. Ehrenamtlich. Erst jetzt, wo mit dem vermutlichen Abriss eine Auflösung des Bündnisses wahrscheinlich wird, hat er wieder Zeit, über seine Zukunft nachzudenken. „Ich habe Angst, in ein großes Loch zu fallen“, gibt Twenhöven zu. Damit das nicht passiert, wickelt er erst einmal in Ruhe das Büro ab. Und fragt nebenbei jeden, mit dem er telefoniert, nach einem Job. Architekten gibt es im Bündnis eigentlich genug. Nina Apin