JOSCHKA FISCHER ÜBER BND-AFFÄRE UND CIA-SKANDAL: ZU SPÄT, ZU WENIG : Ungeklärte Komplizenschaft
Der Abgeordnete Joschka Fischer hat gesprochen: „Der Untersuchungsausschuss ist erstens ein Kampfinstrument, zweitens ein Kampfinstrument und drittens ein Kampfinstrument.“ So begründete der Außenminister a. D., warum er als einziges Mitglied seiner Fraktion gegen einen Untersuchungsausschuss zur BND-Affäre im Irak sowie den CIA-Folter- und Entführungsskandalen stimmen wird. In seinen Augen soll mit einem solchen Ausschuss die rot-grüne Außenpolitik delegitimiert werden. Ach so, für Aufklärung sei er selbstverständlich auch, schob Fischer hinterher. Man möchte vor Dank fast auf die Knie sinken.
In diesen Wochen ist man ja schon froh, dass Fischer überhaupt etwas sagt. Aber was er dann von sich gibt, kommt leider immer zu spät, ist viel zu wenig, zu defensiv und leider auch unter dem Niveau, das der Weltpolitiker gern für sich in Anspruch nimmt. Wo ist Fischers offensive Verteidigung der von ihm mitgetragenen Entscheidung, zwei BND-Agenten im Irak zu belassen? Wo ist seine Erklärung für die diplomatische Zurückhaltung im Entführungsfall al-Masri? Wo ist auch nur ein offenes und leidenschaftliches Wort von ihm darüber zu lesen, dass das Nein der rot-grünen Regierung zum Irakkrieg offenbar nur zu einem hohen Preis zu haben war: der Duldung von Rechtsverletzungen und der logistischen Unterstützung der US-amerikanischen Armee?
Ob dieser Preis zu hoch war, ob Deutschland trotz seines Neins im Grundsätzlichen zum Komplizen in einem schmutzigen Krieg geworden ist – genau das ist im Lichte der jüngsten Vorwürfe aufzuklären. Fischer leistet dazu keinen Beitrag. Er muss ja nicht gleich einem Ausschuss zustimmen und gegen sich selbst ermitteln. Aber Fischer sollte schon mehr tun, als nur seine Stirn in Falten zu legen und allen Laien-Außenpolitikern dieser Republik zu signalisieren: Kinder, ihr habt ja keine Ahnung, was der Gerd und ich durchzustehen hatten.
Die Fakten müssen auf den Tisch. Weil Schröder abtaucht, weil Fischer schweigt, weil Steinmeier laviert, kann diese Arbeit nur noch ein Untersuchungsausschuss leisten. Er könnte im Übrigen auch eine Chance sein, die Reste der außenpolitischen Ehre von Rot-Grün zu retten. JENS KÖNIG