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Archiv-Artikel

Plutonium mitten durch die Stadt

ATOMKRAFT In den nächsten Tagen rollt ein radioaktiver Transport mit plutoniumhaltigen MOX-Brennelementen über die Straßen von Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein

Von KVA

Norddeutschlands Anti-Atom-Aktivisten sind alarmiert: Kaum hat sich der Schock über die Beinahkatastrophe am 1. Mai wegen des Brandes auf dem Atomfrachter „Atlantic Cartier“ gelegt, gibt es in der Region einen weiteren Atomtransport. In dieser Woche soll ein Transport mit plutoniumhaltigen Mischoxid (MOX)-Brennelementen aus dem belgischen Dessel mitten durch Hamburg ins Atomkraftwerk Brokdorf rollen.

„Die Transportgenehmigung ist noch bis Freitag gültig“, berichtet Jochen Stay von der Anti-Atom-Initiative „Ausgestrahlt“. Die Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter beläuft sich auf zwei derartiger Transporte mit insgesamt zwölf MOX-Brennelementen über die Landstraße per LKW aus Belgien, über Holland, Niedersachen, durch Hamburg zu dem schleswig-holsteinischen Eon-Atommeiler Brokdorf. „Nach inoffiziellen Informationen ist einer der beiden MOX-LKWs bereits letzte Woche in Brokdorf angekommen“, sagt Stay. Der Zweite fahre in dieser Woche.

„Die insgesamt zwölf Brennelemente enthalten mehr als 200 Kilogramm Plutonium“, berichtet Stay. Das reiche für 25 Atombomben des Typs Nagasaki und der Transport enthalte mehr Plutonium, als die zurzeit lebhaft diskutierten Castor-Transporte aus dem britischen Sellafield. „Die Innenminister der betroffenen Bundesländer können den Transport verhindern, wenn sie sich nicht in der Lage sehen, kurzfristig genügend Polizeikräfte zur Sicherung bereitzustellen“, sagt Stay. Eine Stellungnahme war aus den Polizei-Behörden für die taz am Pfingstmontag nicht zu bekommen.

Die Anti-Atom-Initiativen bereiten sich auf Proteste vor. „Das Nadelöhr ist der Elbtunnel, durch den Korridor kann der Transport nur nachts“, sagt ein Robin Wood-Aktivist. „Es sind Sachen in der Mache, die allerdings noch nicht öffentlich gemacht werden können“, sagt auch Stay. Am gestrigen Abend fand ein Initiativen-Treffen in Hamburg statt, auf dem Maßnahmen gegen den „atomaren Wahnsinn“ besprochen werden sollten.  KVA