Gegenthese zum Diskurspop

Wie Rammstein sind auch Banque Allemande in den USA größer als in Deutschland. Was im Falle der Berliner Band vielleicht auch nicht allzu schwer ist, denn selbst in ihrer Heimatstadt ist diese bislang über den Status eines Geheimtipps nicht hinausgekommen. Bemerkenswert ist es aber schon, dass „Willst du Chinese sein, musst du die ekligen Sachen essen“ jetzt schon die zweite Platte von Banque Allemande ist, die auf dem US-Label S. S. Records erscheint und somit für den interessierten Plattenkäufer hierzulande ein Import-Produkt ist. S. S. Records, das sei noch kurz erwähnt, ist natürlich ein politisch absolut korrektes Label, das einfach die Initialen seines Betreibers verwendet.

Dass amerikanische Fans von Banque Allemande bereits begonnen haben, Deutschkurse beim Goethe-Institut zu besuchen, um die deutschsprachigen Texte ihrer Lieblingsband besser verstehen zu können, ähnlich wie das beim Erfolg von Tokio Hotel im Ausland der Fall war, muss nicht angenommen werden.

Denn auch wer des Deutschen mächtig ist, versteht jedenfalls nur Wortfetzen von dem, was Sänger Harald Berger da von sich gibt. Der Gesang wird vom mächtig treibenden und nach vorn gemischten Schlagzeug-, Gitarre-, Bass-Getriebe regelrecht verschluckt. „Warmes Wasser“ versteht man da in „Warmes Wasser“, und dann noch „Fische aus Eisen“, und das ist es im Wesentlichen auch schon. Banque Allemande sind damit die angenehme Gegenthese zum so beliebten sogenannten Diskurspop, wo der bedeutungsschwangere Text wichtiger ist als die dazugehörige Musik.

Was Banque Allemande auf ihrer zweiten Platte sagenhaft hinbekommen, ist, Verwirrung beim Hörer zu stiften. Ist diese Musik nun langsam oder schnell? Hardcore, Punk oder Noise-Rock? Die stumpfen und repetitiven Riffs erzeugen einen Sog, in dem man sich verliert und kaum mitbekommt, dass etwa das Stück „Suchmaschine“ jetzt auch schon fast zehn Minuten auf einen einhämmert. Bewusst wird eine Nähe zu den Strukturen eines Techno-Tracks hergestellt, bei dem man im Idealfall ebenfalls das Gefühl für Zeit und Raum verliert. Als meditativ versteht die Band selbst ihren Sound, den sie mit dem Begriff „Trance-Rock“ gut beschrieben sieht. Ganz sicher jedoch verdienen Banque Allemande jetzt endlich zumindest auch in Berlin die Aufmerksamkeit, die sie in den USA bereits haben.ANDREAS HARTMANN

■ Banque Allemande: „Willst du Chinese sein, musst du die ekligen Sachen essen“ (S. S. Records), live am 24. 5., Bei Ruth (früher Bei Roy)