: Schlichte Mittel, maximale Wirkung
KRACH Die Berliner Band Banque Allemande, die als Geheimtipp gehandelt wird, spielt lieber auf privaten Partys als normale Konzerte. Sie macht meditativen Noise-Rock, der auch für Fans dieses Genres schwer verdaulich ist
VON ANDREAS HARTMANN
Es gibt auf Youtube einen Film, auf dem zu sehen ist, wie die Band Banque Allemande in der Berliner U-Bahn spielt. Man sieht johlende Menschen, aufgeregte Bandmitglieder, sehr verwackelte Bilder und echtes Chaos. Banque Allemande lieben das. Harald Berger, der Sänger und Gitarrist der Band, sagt, er spiele lieber in der U-Bahn oder auf privaten Partys, wo teilweise schon nach ein paar Minuten die Polizei auftaucht, als ein normales Konzert. Einerseits.
Andererseits gibt es Banque Allemande nun auch schon seit acht Jahren. Ganz zu Beginn nannte sich die Band Discounter, dann musste plötzlich alles irgendwie anders sein und man fand den Namen Deutsche Bank passend, woaraus dann Banque Allemande wurde. Man hat jetzt ein paar subversive Gigs veranstaltet, sich vom West-Germany bis hin zur Supamolly durch sämtliche Kleinst-Clubs der Stadt gespielt und sich einen Namen im Berliner Underground gemacht. Aber man merkt dem Trio schon an, dass langsam mal mehr passieren sollte.
Ihr erstes Album „Eins, Zwei“ hat ein amerikanisches Label veröffentlicht. Dessen Betreiber ist auf der Myspace-Seite der Berliner gelandet, fand toll, was er hörte, auch wenn er die deutschen Texte nicht verstand, und bot an, gemeinsam eine Platte zu machen. Eine Platte auf einem US-Label, das ist doch was, könnte man meinen.
Ist es auch, sagt Harald Berger, aber mehr Aufmerksamkeit in Deutschland bekäme man dadurch auch nicht. Über die Jahre hinweg habe sich deshalb so etwas wie eine „Halbdesillusionierung“ eingestellt, so Berger. Man gilt als Geheimtipp. Von Max Müller, dem Sänger der Berliner Band Mutter, kursiert die Aussage, es gäbe derzeit keine bessere Band in Deutschland als Banque Allemande. Dennoch sei es nicht viel mehr als „Tagelöhnerei“, so Berger, was man da veranstalte.
Auch die eben erschienene zweite Platte „Willst du Chinese sein, musst du die ekligen Sachen essen“ ist wieder von dem amerikanischen Label veröffentlicht worden. Der Titel ist eine Sentenz aus irgendeinem Action-Film mit Mark Wahlberg, dessen Titel Harald Berger gerade nicht einfallen will. Die Platte erscheint als Liebhaber-Edition. Es gibt 400 Vinylplatten und ein paar CDs. Geld sieht die Band dafür leider nicht, „bezahlt“ wird sie in Form von ein paar Platten, die sie selbst vertreiben darf. Natürlich ist es auch keine leichte Kost, die man von Banque Allemande zu hören bekommt, sondern Noise-Rock, der selbst für Fans dieses Genres schwer verdaulich ist.
„Für die Art von Musik gibt es ja eigentlich keinen Markt“, so Berger. Die Stücke gehen bis zu zehn Minuten lang, werden von sich stumpf wiederholenden Riffs getragen und von Bergers Gesang versteht man nur Bruchstücke. Die Texte, so Berger, seien trotzdem gut.
„Du kannst nicht in einer Noise-Band sein, ohne dass es wehtut“, meint er – und an dieses Credo wird sich auch gehalten. Man hört nicht mehr als Gitarre, Schlagzeug und Bass neben den Textbrocken: Und dennoch schafft es die Band, mit diesen eher schlichten Mitteln maximale Wirkung zu erzeugen.
Dazu kommt eine hörbare und bei dieser Art von Musik durchaus verblüffende Affinität zu Techno, die Berger sehr wichtig ist. Sie sorgt dafür, dass Banque Allemande so faszinierend schwer zu kategorisieren sind und nicht nur nach einem Aufguss irgendwelcher kaputter Post-Hardcore-Bands aus den Neunzigern klingen.
„Meditativ“, fällt Berger als Stichwort zu dem Soundprinzip seiner Band ein. Die repetitiven Songstrukturen sollen wie bei einem Technostück das Gefühl von Unendlichkeit vermitteln. „Es gibt kein Ziel“, so Berger, es soll einfach immer weitergehen mit dem Krach.
Aber eigentlich, so fügt der während unseres Gesprächs die meiste Zeit eher schweigend dabeisitzende Bassist Olaf Danilsen hinzu, müsse das, was man da mit Banque Allemande veranstalte, „gar keinen Sinn erfüllen“.
■ Record Release von „Willst du ein Chinese sein, musst du die ekligen Sachen essen“ im Bei Ruth, ab 21 Uhr