: CDU schützt Homosexuelle nur vor Ausländern
Was das Antidiskriminierungsgesetz und Baden-Württembergs Einbürgerungstest gemeinsam haben
FREIBURG taz ■ Ist es nicht widersprüchlich? Da lässt die CDU in Baden-Württemberg Muslime nach ihrer Haltung zur Homosexualität befragen. Und gestern hat sich die Union im Bundestag darüber empört, dass die Grünen im Antidiskriminierungsgesetz Schwule und Lesben vor Benachteiligungen schützen wollen. Wird hier nicht von Ausländern mehr politische Korrektheit verlangt als von Deutschen?
Direkt vergleichbar sind beide Maßnahmen nicht. In Baden-Württemberg geht es um die Einbürgerung und um den – etwas hilflosen – Versuch, zu prüfen, ob das Bekenntnis zum Grundgesetz ernst gemeint ist. Mit den Fragen nach Einstellungen zu Homosexualität und Gleichberechtigung sollen die Ausländerbehörden testen, wie der Antragsteller zu individuellen Grundrechten und Werten steht.
Bei dem umstrittenen Bundesgesetz geht es dagegen um reale Diskriminierung und Demütigung im geschäftlichen Alltag, also beim Bäcker, im Restaurant, bei Versicherungen und auf dem Wohnungsmarkt. Hier will die EU zumindest Ausländer, Menschen mit anderer Hautfarbe und Frauen vor willkürlicher Benachteiligung schützen. SPD und Grüne wollen darüber hinaus auch die Diskriminierung von Behinderten, Alten, Andersgläubigen und eben auch Homosexuellen verbieten.
CDU und FDP sind jedoch gegen eine Ausweitung des von der EU verlangten Diskriminierungsschutzes – nicht weil sie Diskriminierung gut finden, sondern weil sie die Wirtschaft vor Dokumentationspflichten und missbräuchlichen Klagen schützen wollen. Dabei zeigt sich höchstens am Rande ein gestörtes Verhältnis zu Schwulen und Lesben. Schließlich wollen Union und FDP auch Behinderte und Alte ohne Schutz lassen.
Dennoch haben beide Themen auch etwas gemeinsam. Sie stellen die Frage nach der Geltung von Grundrechten im privaten Raum. Im Einbürgerungstest wird nach Einstellungen und Verhalten im Privatleben („Was tun Sie als Vater?“) gefragt. Beim Anitdiskriminierungsgesetz geht es um das geschäftliche Verhalten von Privatunternehmen. Kritiker weisen jeweils darauf hin, dass Grundrechte eigentlich nur den Staat verpflichten, der seine Bürger nicht diskriminieren darf. Privatmenschen dürften ihre Vorlieben dagegen frei ausleben.
Wer das Grundgesetz dagegen als Werteordnung versteht, die der Staat auch im privaten Raum propagieren soll, wird mit Einbürgerungstests und Antidiskriminierungsgesetz weniger Probleme haben. Wie weit der Staat jeweils gehen kann, darüber hat die Diskussion erst begonnen.
CHRISTIAN RATH