Der Offene Brief
: „Sehr geehrter Professor Pfeiffer,

mit Entsetzen habe ich am vergangenen Freitag die Veröffentlichung Ihres Interviews in der taz nrw unter der Überschrift „Die Jugendarbeit hat nicht sich bewährt“ gelesen.

Mit Ihren Äußerungen dokumentieren Sie deutlich, dass Sie über die Situation der Jugendpolitik im Land Nordrhein-Westfalen nicht informiert sind. Ebenso wenig scheinen Sie über detailliertere Informationen über die pädagogische Arbeit in Jugendzentren zu verfügen. Ihr Bild von „klapprigen Tischtennisplatten und einem gelangweilten Sozialarbeiter“ diskriminiert die Arbeit der übergroßen Mehrheit der „öffentlichen Mütter und Väter“ in den Kinder- und Jugendhäusern. (...)

Ich habe es schon mehrfach erlebt, dass sich in Situationen der Entstehung von politischer Gegenwehr gegen finanzielle Kürzungen und gegen Sozialabbau „die Wissenschaft“ zu Wort meldet und sich der herrschenden Politik andient, im Interesse der eigenen existientiellen Absicherung. Vielleicht werden wir es demnächst erleben, dass wir Sie als Forscher im Interesse der amtierenden Landesregierung von Nordrhein-Westfalen erleben. (...)

Im Einzelnen sind feststellbar: Die Stammbesucher von Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit erhalten fast alle ihren Hauptschulabschluss, auch die Migrantenjugendlichen, von denen im statistischen Durchschnitt in Nordrhein-Westfalen im Schuljahr 2003/04 22,7 Prozent keinen Hauptschulschluss erreichten. Auch der Effekt der Verhinderung von Schulformwechsel zur Sonderschule sind nachweisbar.

Angesichts solcher Tatsachen, vom „Fehlen konkreter Konzepte“ und vom „Nichterreichen der Zielgruppen“ zu sprechen, erscheint schon fast bösartig. (...)

In der vorletzten Antwort Ihres Interviews sprechen Sie davon, dass man den Kindern „Angebote“ machen muss, um sie vom Fernseher und vom Computer wegzubewegen. Warum Sie die pädagogische Kinder- und Jugendarbeit draußen vor lassen, bleibt Ihr Geheimnis.

Nur noch ein konkreter Hinweis für den empirischen Sozialforscher: Die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit werden nicht flächendeckend und bedarfsorientiert in Nordrhein-Westfalen organisiert, soll heißen, die Bedarfe in diesem Bereich sind sehr groß, aber vor dem Hintergrund der aktuellen Steuerpolitik nicht finanzierbar. Ihrer Bemerkung „Das ist doch eine absurde, kranke Welt“ kann ich nur zustimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Kozicki