Fluss nach Maß

Designter Tidestrom: Um ein Verschlicken des Hafens zu verhindern, will die Port Authority in der Elbe Sandbänke und Flachwasserzonen schaffen

Der Strom hat sich in den vergangenen Jahren anders verhalten als gewohnt

Von GERNOT KNÖDLER

Der Port Authority droht das Verschlicken und Versanden des Hafens über den Kopf zu wachsen. Um der exponentiell wachsenden Mengen Herr zu werden, hat sie begonnen, ausgebaggertes Sediment in der Nordsee zu verklappen (taz berichtete). Weil das auf Dauer keine Lösung ist, will sie langfristig den Strom so umgestalten, dass sich weniger Sediment im Hafen absetzt. Geplant sind neue Sandbänke und Flachwasserzonen, die das Herz von Naturschützern höher schlagen lassen werden. Mit einem Symposium hat das vormalige Amt für Strom- und Hafenbau gestern versucht, seine Überlegungen verständlich zu machen.

„Das Problem ist, dass sich der Strom in den vergangenen Jahren anders verhalten hat, als wir das gewohnt waren“, sagt Hans Peter Dücker, der Direktor der Port Authority. Bis 1999 holten die Wasserbauer jährlich höchstens zwei Millionen Kubikmeter Sediment aus dem Hafen. Danach stieg die Menge fast jedes Jahr an – bis auf mehr als acht Millionen Kubikmeter.

Eine Erklärung liefert ein Rechenmodell der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), nach dem das Sediment nicht wie vermutet vor allem mit der Ebbe ins Meer gesogen wird. Im Gegenteil: Der Flutstrom überwiegt und transportiert das Sediment stromaufwärts. Baggergut, das die Port Authority bis dato bei Wedel verklappte, landete flugs wieder im Hafen. Das passt zu Schlüssen, die der World Wide Fund For Nature (WWF) aus dem Monitoring zur Elbvertiefung gezogen hat.

Die Port Authority zog die Notbremse und handelte Schleswig Holstein das Recht ab, bis zu 4,5 Millionen Kubikmeter Sediment zwischen Neuwerk und Helgoland versenken zu dürfen. 800.000 Kubikmeter sind im vergangenen Spätsommer dort verklappt worden. Einer Begleituntersuchung zufolge blieb der größte Teil davon in der Nähe der Klappstelle liegen. Die Port Authority hält fest, „dass in keinem Fall auch nur annähernd Schutzgebiete oder touristisch genutzte Gebiete erreicht wurden“.

Auch die absolute Giftbelastung der Klappstelle liege im Rahmen des Erwarteten und Vertretbaren. Weil das bedeutet, dass einzelne Schadstoffe dort jetzt in einer vielfach höheren Konzentration vorkommen, hat der Förderkreis „Rettet die Elbe“ im vergangenen Sommer gefordert, das Verklappen zu stoppen. Ins Meer geschüttet wird Sediment mit einem Toxizitätswert von maximal vier auf einer Skala von eins bis sechs.

Auf lange Sicht möchte die Port Authority den Strom so umbauen, dass er das Sediment selbst ins Wattenmeer spült, wo es wegen des erwarteten Meeresspiegelanstiegs dringend gebraucht wird. „Durch eine Einengung des Mündungsgebietes und eine Vergrößerung des Flutraumes oberhalb von Brunsbüttel und Glückstadt mit Flachwassergebieten“ sei dieses Ziel zu erreichen, so Heinz Glindemann von der Port Authority. Wie im Umweltausschuss gesagt wurde, käme dafür Pagensand in Frage.

Der Baudirektor will dabei zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Er will im Mündungsgebiet Kuhlen graben, mit deren Aushub direkt nebenan Sandbänke aufgeschüttet werden sollen. Die rund ein Quadratkilometer großen Gruben könnten dann wiederum mit jeweils bis zu 40 Millionen Kubikmeter Baggergut aufgefüllt werden. Um Flachwasserzonen zu gewinnen, kann sich Glindemann sogar Rückdeichungen vorstellen.