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Archiv-Artikel

Sicherheits-Nagel wird kürzer

Weniger Polizeibeamte und weniger Wachen: Der CDU-Senat demontiert seinen Schwerpunkt „Innere Sicherheit“. Die SPD fühlt sich gar an sich selbst erinnert und beklagt Wortbruch, die Polizeigewerkschaft Volksverdummung

Von MARCO CARINI

Innensenator Udo Nagels Ankündigung, die vom Senat beschlossene Streichung von 151 Stellen im Polizeidienst bis 2009 umzusetzen und vier Polizeikommissariate zu schließen, hat massiven Unmut der Polizeigewerkschaften und der Rathaus-Opposition ausgelöst. Während die Gewerkschaft der Polizei einen „politischen Verrat an den Bürgern“ wittert, sieht der SPD-Innenexperte Andreas Dressel den Tatbestand des „Wortbruchs“ erfüllt. Dabei steht im Mittelpunkt der Kritik vor allem der Versuch des parteilosen Senators, die Kürzungen schönzureden. „Glatte Volksverdummung“, entfährt es da Joachim Lenders, dem Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Fast eine Stunde lang bemühte sich Nagel gestern zu belegen, dass die Streichung „keinerlei Nachteile für den Bürger und die Sicherheit der Stadt“ habe. Sein Tenor: Gespart werde nur bei den „Häuptlingen“, während sich an der Präsenz der Beamten auf der Straße nichts ändere und es auch in Zukunft keinen einzigen Kriminalbeamten oder Stadtteilpolizisten weniger gäbe.

Allein 84 der 151 einzusparenden Stellen würden durch die Fusion von acht Polizeikommissariaten zu vier Dienststellen erbracht werden. Durch diese „fachlich sinnvollen Zusammenlegungen“ würden „Leitungsfunktionen“ entfallen und „administrative Aufgaben zusammengeführt“ werden. Zudem seien die 151 zu kürzenden Stellen durch die 2003 in Kraft getretene Arbeitszeitverlängerung für Polizisten bereits im Vorfeld ausgeglichen worden.

„Falsch gerechnet“, klagen die Nagel-Kritiker. Und werfen dem Senator eine dreifache Mogelpackung vor. Zum einen würden in Zukunft nicht 151, sondern rund 320 Beamte weniger Dienst tun. Der Trick: Noch sind rund 170 ihren Dienst verrichtende Beamte, die Ex-Innensenator Ronald Schill aus Berlin anwarb, auf Ausbildungsplätzen „geparkt“, die in der offiziellen Stellenplanung nicht auftauchen. Scheidet ein Beamter aus Altersgründen aus, rückt einer dieser Jungpolizisten an seine Stelle, während der Ausbildungsplatz nicht zwangsläufig neu besetzt wird. Aus zwei Polizisten wird so einer, ohne dass diese Halbierung im Stellenplan auftaucht.

Nagel bestreitet diese Rechnung nicht, schiebt die Schuld aber auf seinen „Vorvorgänger“. Der habe einen „Schluck zu viel aus der Pulle“ genommen, indem er mehr Beamte aus Berlin nach Hamburg geholt habe, als ihm erlaubt war. Dieser Überschuss müsse nun wieder abgebaut werden. Das Problem an seinem Schwarzer-Peter-Spiel: Schills „Fehlbuchung“, so Nagel jetzt, wurde von dem damaligen Polizeipräsidenten mitgetragen. Und der hieß: Udo Nagel.

Zum Zweiten, so klagt Polizeigewerkschafter Lenders, rechne Nagel in die Riege der Häuptlinge, die ausgedünnt werden soll, jede Menge Beamte mit ein, die keineswegs hinter dem Schreibtisch hocken, sondern ganz normal Streife fahren und Anzeigen aufnehmen. „Ob Dienstgruppenleiter oder Wachhabende – zwei Drittel aller Stellen, die Nagel streichen will, übernehmen auch solche Funktionen“, klagt Lenders und prophezeit: „Da leidet die Innere Sicherheit deutlich drunter.“

Rechentrick Nummer drei: Die Arbeitszeitverlängerung für die Beamten von 2003 gleicht die 151 nun wegfallenden Stellen zwar rechnerisch, nicht aber tatsächlich aus, behauptet SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel. Denn die reguläre Mehrarbeit würde faktisch nur die Überstunden reduzieren – gearbeitet aber würde keine einzige Stunde mehr. Werden nun 151 Vollzeitbeamte abgebaut, falle deren Arbeitskraft ersatzlos weg.

So fährt Dressel denn auch den schlimmsten aller Vorwürfe gegen Nagel auf: Dieser Innensenator mache „dieselben Fehler, die unter sozialdemokratischer Ägide in Hamburg passiert sind“.