: Für Gubens Bürger sind Leichen attraktiv
Gunther von Hagens stellt in Guben seine Pläne vor, in einer alten Fabrik der Stadt Leichen zu präparieren. So könnten 200 Arbeitsplätze entstehen. Am Ende der Anhörung stimmt eine große Mehrheit der 750 Zuhörer für das Projekt
Der umstrittene Leichenpräparator Gunther von Hagens hat in der Neißestadt Guben für seine Ansiedlungspläne geworben. In einer Sporthalle erläuterte er am Montagabend vor rund 750 Menschen sein Vorhaben, in der ehemaligen Gubener Wollfabrik ein Institut für Plastination einzurichten. Der 61 Jahre alte Erfinder der Plastination und Schöpfer der Ausstellung „Körperwelten“ war von den Stadtverordneten eingeladen worden. Seine Pläne spalten die Kleinstadt in Befürworter und Gegner. Zum Schluss der Veranstaltung stimmte eine überwältigende Mehrheit der Anwesenden für die Ansiedlungspläne des 61-Jährigen. Von Hagens hatte die Versammlung selbst um ein Votum gebeten.
Zum Auftakt hatte der Anatom aus Heidelberg in einem ausführlichen Vortrag über die Geschichte der Anatomie und die von ihm begründete Plastination berichtet. Bei diesem Verfahren wird toten Körpern Wasser und Fett entzogen, durch Kunststoff ersetzt und das Präparat dann ausgehärtet.
Auf Fragen von Einwohnern sagte von Hagens, er würde eher in Guben als in Heidelberg dreieinhalb Millionen Euro in eine Produktionsstätte investieren, in der plastinierte Körperscheiben für Experten und für die Ausbildung hergestellt werden. Falls die Gubener Kommunalpolitiker ihm das im Sommer 2006 frei werdende Rathaus in der früheren Wollfabrik zur Verfügung stellten, könne er bereits in der zweiten Hälfte dieses Jahres mit der Produktion von plastinierten Körperscheiben beginnen. In den ersten fünf Jahren rechne er mit etwa 200 Arbeitsplätzen. Die Mitarbeiter sollten vorwiegend Deutsche sein, aber auch aus Polen kommen.
Allerdings haben diese in Aussicht gestellten Arbeitsplätze nach Ansicht von Kritikern einen faden Beigeschmack. Bischof Wolfgang Huber hatte im Vorfeld zum Widerstand gegen die Pläne aufgerufen. Auch aus den Reihen der Gubener PDS- und SPD-Fraktion kam Kritik. Auf den Einwand des Pfarrers Michael Domke am Montagabend, die Würde des Menschen – auch des toten – sei unantastbar, entgegnete von Hagens: „Ich kann aus der Leiche ein Objekt der Aufklärung machen.“
Als die Menschen zum Ausgang strömten, zeigte sich Bürgermeister Klaus-Dieter Hübner (FDP) überzeugt, dass deren Votum auch die Stimmung in der Bevölkerung zu den Ansiedlungsplänen widerspiegelt. „Das Thema behandeln wir voraussichtlich im März in der Stadtverordnetenversammlung“, kündigte er an. dpa