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Archiv-Artikel

Etappensieg für Deutschland im Streit um VW-Gesetz

EUGH-PROZESS Generalanwalt sieht Auflagen erfüllt. Damit wäre eine hohe Geldstrafe vom Tisch

BRÜSSEL/HAMBURG rtr | Im Dauerstreit mit Brüssel um das VW-Gesetz entgeht Deutschland wohl einer millionenschweren Geldstrafe. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) empfahl am Mittwoch, die Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik wegen einer unvollständigen Umsetzung des Luxemburger Urteils von 2007 zurückzuweisen. Die Sperrminorität des Landes Niedersachsen als Aktionär von Europas größtem Autobauer verstoße nicht gegen geltendes EU-Recht.

„Deutschland ist dem ursprünglichen Urteil des Gerichtshofs von 2007 vollständig nachgekommen“, erklärte Generalanwalt Nils Wahl. Seine Meinung ist für die Richter nicht bindend, sie folgen der Empfehlung ihres Generalanwalts aber in der Regel. Der Schwede riet den EuGH-Richtern, die Klage der Kommission und den Antrag der Behörde auf eine rückwirkende Geldstrafe sowie ein Zwangsgeld zurückzuweisen.

Sollte der Gerichtshof seiner Auffassung nicht folgen und der Kommission Recht geben, müsse aber das von der Behörde beantragte Zwangsgeld gegen Deutschland reduziert werden. Die EU-Behörde hatte eine Geldstrafe gefordert, die sich rechnerisch auf fast 70 Millionen Euro summiert. Der Generalanwalt schlägt eine Ermäßigung auf knapp 20 Millionen Euro vor. Bei einem Urteil gegen Deutschland müsste der Staat für jeden Tag ab dem Richterspruch, den das Gesetz nicht geändert ist, nach dem Willen der Kommission 282.000 Euro zahlen – der Generalanwalt ging auf gut 81.000 Euro herunter.

Der VW-Betriebsrat, der sich – wie Niedersachsen – im Kampf gegen den letztlich gescheiterten Übernahmeversuch durch Porsche vor einigen Jahren massiv für den Erhalt des VW-Gesetzes eingesetzt hatte, reagierte erleichtert. „Jetzt besteht die Chance, dass der Gerichtshof den Schutz der Interessen und Rechte von Arbeitnehmern anerkennt“, erklärte Betriebsratschef Bernd Osterloh. Damit sei der Weg frei für eine Entscheidung, „die ein einmaliges Gesetz nicht der einseitigen Ideologie des freien Kapitalmarkt opfert“.

Kritik an der EU-Kommission kam von der SPD-Bundestagsfraktion. Deren stellvertretender Fraktionschef Hubertus Heil warf Brüssel vor, das VW-Gesetz aus rein ideologischen Gründen anzugreifen. Das Gesetz schade niemandem, nutze aber vielen. „Schließlich sichert im Zweifelsfall das VW-Gesetz die Mitbestimmung des Landes Niedersachsen gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern in Standortfragen.“