: Das Recht auf ein Machtwort
BERLIN taz ■ Letzte Instanz „Ministererlaubnis“: Ein gescheitertes Kartellverfahren muss nicht das Ende aller Fusionspläne sein. Will die Firma A den Konkurrenten B übernehmen, muss sie sich das vom Kartellamt genehmigen lassen. Lehnt das Amt ab, kann sich Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) aber unter bestimmten Bedingungen über das Votum der Wettbewerbshüter hinwegsetzen.
Auf der Grundlage des „Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ (GWB) prüft das Kartellamt seit 1973 Fusionsvorhaben. So soll verhindert werden, dass marktbeherrschende Vormachtstellungen entstehen. Anfang 2005 – neuere Zahlen gibt es noch nicht – hatte das Kartellamt in exakt 33.234 Fällen entschieden. Nur in 154 Fällen lehnte es die Fusionen ab. Dazu gehört der geplante Zusammenschluss von Springer mit der Sendergruppe ProSiebenSat.1.
Nach Paragraf 42 des Gesetzes könnte Glos aber trotzdem grünes Licht für den milliardenschweren Springer-Deal geben, wenn „im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist“.
Den Antrag auf die Sondererlaubnis muss Springer nun innerhalb von vier Wochen stellen. Vor seiner Entscheidung, die innerhalb von vier Monaten fallen soll, muss der Wirtschaftsminister unter anderem ein Gutachten der unabhängigen Monopolkommission einholen. An deren Votum ist er jedoch nicht gebunden. Genehmigt Glos den Deal, können die am Kartellverfahren Beteiligten – hier also mit Springer oder ProSiebenSat.1 konkurrierende Medienunternehmen – allerdings gegen die Ministererlaubnis klagen.
Wegen dieser Hürden wurden seit Einführung des Gesetzes erst 18-mal die Minister bemüht. Nur in sieben Fällen überstimmten sie – zum Teil mit erheblichen Auflagen – die Kartellwächter. Zuletzt gestattete Exwirtschaftsminister Werner Müller (SPD) Eon die Übernahme von Ruhrgas.
Für den Medienbereich gilt eine Ministererlaubnis als besonders heikel, weil es nicht nur um Markt-, sondern auch um Meinungsmonopole geht. Ganze zwei Verfahren wurden bisher eingeleitet – eines davon auf Antrag von Springer. Vor fast 25 Jahren ging es um die Mehrheitsverhältnisse im Konzern. Entschieden wurde damals nichts. Springer zog den Antrag zurück.
NICK REIMER