: Fliegende Zahlen
KUNST Renaissancebänke und Klappsonnenuhren: Die Villa Grisebach lädt zu ihrer Frühjahrsauktion
Der Shishi-Steinlöwe aus der Song-Dynastie geht für 32.000 Euro über den Tisch. „Billig“, flüstert Ernst-Christian Börschmann mit Kennermiene. Er ist Sinologe und einer von rund 100 Besuchern, die an diesem Donnerstag zur Frühjahrsauktion „Orangerie. Ausgewählte Objekte“ in der Villa Grisebach an der Fasanenstraße erschienen sind.
Wichtig für die Auswahl der Kunstwerke sei das Kriterium der Außergewöhnlichkeit, erklärt Auktionsleiter Stefan Körner das Konzept der neuen Auktionsreihe Orangerie. Der Katalog zeigt elfenbeinerne Klappsonnenuhren und brandenburgische Weinkelche aus dem 17. Jahrhundert. Kurz vor dem ersten Zuschlag füllt sich der Saal. Zu sehen gibt es viel Graumeliertes, sowohl auf den Häuptern als auch in den Jacketts der anwesenden Herren. Die Damen tragen Goldschmuck und Perlenohrringe zum Kostüm. Kunsthändler Holger Martin ist mit seinem Sohn gekommen, „als Beobachter“, wie sie sagen. Sie interessiere vor allem, wie sich die Preise entwickelten, wer was anbiete und vor allem wer was kaufe. Auch Börschmann, der in einer der hinteren Reihen sitzt, ist in der Beobachterrolle gekommen. Chinesische Kunst sei ja leider selten in der Grisebach zu kaufen, sagt er bedauernd.
Vorne, an der abgehängten Fensterfront, steht Auktionator Peter Graf zu Eltz im grauen Anzug auf einem Podest. Neben ihm zwei junge Frauen, die per Telefon mit Bietern aus aller Welt sprechen. Vor dem Podest stehen junge Frauen und Männer in gestärkten weißen Hemden und Schürzen. Mit weiß behandschuhten Händen präsentieren sie die zu versteigernden Gegenstände.
Applaus für den Bieter
Es geht gemächlich los. Erster Höhepunkt des Tages ist eine große Renaissancebank, die nach Minuten für 50.000 Euro an einen anonymen Telefonbieter geht. Als Nächstes wird ein unscheinbares Manuskript des Philosophen Martin Buber veräußert. Einstiegsgebot 1.500 Euro. Zahlen fliegen durch den hell erleuchteten Saal: 2.000, 3.000, 6.000, 10.000! Auktionator zu Eltz verfolgt die Gebote mit ausgestreckten Händen und flinkem Blick. Schließlich ruft er: „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten! Verkauft für 13.000 an den Herrn am Ende des Saals.“ Leiser Applaus. Die Bieternummer wird notiert, der glückliche Käufer entfernt sich diskret.
Nach einer knappen Stunde ist alles vorbei. Auktionsleiter Körner erklärt das weitere Prozedere: Nun müsse der Nachverkauf abgewartet werden, sicherlich gäbe es auch noch einige Gebote aus dem Ausland. Ob die Auktion gut verlaufen sei, könne man erst in einem Monat sicher wissen. Er sei aber zuversichtlich, sagt Körner. Wichtig sei ihm vor allem, dass die „Orangerie“ sich etabliere und weiter sehfreudiges Publikum ziehe. GESA STEEGER