ANDREAS FANIZADEHLEUCHTEN DER MENSCHHEIT : Splatter für Fußballfans
Nach dem Überfall auf die Fußball-Nationalmannschaft Togos beim diesjährigen Afrika-Cup in Angola geriet auch Südafrika ins Gerede. Reichen die dortigen Standards, um die Sicherheit bei der Fußball-WM im Sommer zu garantieren? Die deutschen Fußballfans zweifeln, viele haben noch keine Reise gebucht. Zudem: Wenn in Europa endlich Sommer ist, kommt in Südafrika der Winter; Tickets und Hotels sind teuer. Und dann eben die Sicherheit: als wohlhabendes europäisches „Weißbrot“ in Südafrika …
Alles rassistische Projektion? Was werfen dann aber die Verlage für südafrikanische Prosa auf den deutschen Markt? Bei Jassy Mackenzie, „Todeskälte“ (Diana, 2009) braucht es nur wenige Zeilen, bis ihre Figur Annette Botha vor ihrem Haus massakriert wird. „Johannesburg bei Nacht ist gefährlich“, schreibt sie. Wir glauben es sofort, auch wenn der literarisch anspruchsvollere Fußballfan ihr Werk im nächsten Papiereimer versenkt. Zu trivial geschrieben. Folgt als nächste Lektüre Deon Meyer, anerkannte Größe der südafrikaischen Kriminalliteratur.
„Schwarz. Weiß. Tot“ (Aufbau, Dezember 2009) ist jedoch eher ein literarisch dürftiger Überbrückungsband. Der nächste „sozialkritisch“ ausgearbeitete Roman „Dreizehn Stunden“ soll im März erscheinen. „Schwarz. Weiß. Tot“ ist Kalte-Kriegs-Skizzenprosa: „Ich zielte auf seinen Nacken und drückte ab. Ein Ruck durchfuhr ihn, er stürzte. Ich verlagerte das Fadenkreuz auf den Hummer …“ Da quietscht der Elefant. Ein Qualitätsfußballfan will nicht von einer irren Russenjagd in Südafrika lesen. Auch ein Fall für den Papierkorb.
Bleibt vielleicht noch Roger Smith („Blutiges Erwachen“, Klett-Cotta 2010) als Animateur für Fernreisen deutscher Fußballfans nach Südafrika. Hier werden die Protagonisten an Autos angebunden, durch Straßen geschleift, bei lebendigen Leib angezündet oder nach allen Regeln der Kunst ausgeweidet: „Sie sah Clyde Adams auf dem gelben Sand auf die Knie gehen, wie er ungläubig zu ihr aufschaute und gleichzeitig versuchte zu verhindern, dass seine Innereien zwischen seinen Fingern hindurchquollen.“
Smith ist ein Freund der drastischen Darstellung und als solcher sicher der größte unter den hier besprochenen DFB-Kartenvorverkaufschrecks.
■ Der Autor leitet das Kulturressort der taz Foto: privat