: Google akzeptiert Zensur in China
Nach Microsoft und Yahoo kooperiert nun auch Google mit den chinesischen Sicherheitsbehörden. Kritiker werfen dem Internet-Konzern vor, sein Motto zu verraten, „Tu nichts Böses“. Trotz der Zensur boomt die Meinungsvielfalt im Internet
AUS PEKING GEORG BLUME
Tut ein Internetunternehmen etwas Unanständiges, wenn es sich dem chinesischen Internetgesetz fügt? Das amerikanische Internetunternehmen Google ist bekannt für sein Firmenmotto „Tu nichts Böses“. Dennoch hat Google jetzt die chinesischen Zensurbestimmungen akzeptiert. „Mit seiner Kultur der Innovation kann Google einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung Chinas leisten“, begründete Google-Manager Andrew McLaughlin die gestrige Eröffnung eines neuen Google-Portals in China.
Mit der Portaleröffnung folgt Google dem Kniefall seiner US-Konkurrenten Yahoo und Microsoft, die für die Eröffnung chinesischer Websites im vergangenen Jahr die Zensurpolitik akzeptierten. Damit verpflichtet sich Google aktiv, politisch heikle Themen nach dem Gusto der Pekinger Regierung zu filtern. „Um in China operieren zu können, haben wir einige Inhalte von den Suchergebnissen entfernt“, berichtete das Unternehmen.
Dass es Kritik hageln würde, war klar: „Mit dieser Entscheidung hat Google sein eigenes Motto, ‚Tu nichts Böses‘, in tausend Stücke geschlagen“, sagte Alison Reynolds von der „Kampagne Freies Tibet“ in London. Ihr Ärger ist verständlich. Zu den Suchergebnissen, die Google in China entfernen musste, zählen viele Informationen über die Unabhängigkeitsbewegung und Menschenrechtsverletzungen in Tibet. Ebenso unzugänglich werden Themen wie die blutige Niederwerfung der Studentenbewegung 1989 oder Infos über Arbeiterstreiks in China. Allerdings waren derartige Websites auch vorher nur schwer in China abrufbar, da die chinesische Internetpolizei schon jetzt politisch heikle Seiten blockiert.
Dennoch bedeutet die Kooperation der Internetmultis mit der chinesischen Internetpolizei, dass die Sicherheit für Andersdenkende und die Meinungsvielfalt in China noch gefährdeter sind. Denn die Unternehmen wurden verpflichtet, die Polizei auch bei einzelnen Ermittlungen zu unterstützen. So schloss Microsoft Ende Dezember die populäre Website des chinesischen Internetjournalisten Michael Anti, obwohl Anti einen Server von Microsoft in den USA benutzte. Microsoft handelte dabei auf Bitte Pekings, das Antis kritische Berichterstattung über einen Journalistenstreik stoppen wollte. Damit ließ Microsoft das chinesische Recht sogar in Amerika gelten. Prominentestes Opfer der Kooperation zwischen Großkonzernen und KP-Polizei aber ist der bereits im letzten Frühjahr in China zu zehn Jahren Gefängnis verurteilte Journalist Shi Tao. Er hatte interne KP-Papiere im Internet veröffentlicht, worauf Yahoo seine Daten an die chinesische Polizei weitergab.
Zudem helfen ausländische Konzerne der chinesischen Polizei, ihren technischen Zensurapparat aufzubauen. Vor allem der US-Technologiefirma Cisco wird vorgeworfen, tausende von Internetsuch- und -kontrollmaschinen an die chinesische Regierung geliefert zu haben.
Trotz der Kooperation der Internetkonzerne mit der KP-Polizei bietet das Internet aber ein viel breiteres Meinungsspektrum, als es der Parteipropaganda lieb sein kann. Auf 110 Millionen ist die Zahl der chinesischen Internetnutzer im letzten Jahr gestiegen. Und je größer ihre Zahl, desto schwieriger wird es, effektive Zensurmaßnahmen durchzuführen.
Rebecca MacKinnon, eine US-Expertin für Internetzensur, wirft zudem eine ganz andere Frage auf: „Wenn diese Unternehmen keine moralischen Skrupel haben, den chinesischen Behörden zu helfen, können wir dann sicher sein, dass sie nicht genauso skrupellos auf illegale Anfragen unserer eigenen Regierung reagieren würden?“