Gegen jede Gewohnheit

„Kick off!“ ist das vorbildliche Fußballmagazin von Deutsche Welle TV mit geheimer Mission: Innovativ, pointiert und sachkundig reflektiert es das Bundesliga-Geschehen für die weite Welt

VON MATHIAS LIEBING

Natürlich wäre es „ein Traum, eine so brisante Geschichte zu versenden, dass die anderen Medien auf uns Bezug nehmen müssten“, sagt „Bundesliga Kick-off!“-Macher Steffen Focke. Und weiß: Auch die nunmehr 34. Ausgabe des Fußball-Magazins von Deutsche Welle TV kann diesen Anspruch nicht ganz erfüllen. Selbst wenn sie von „Tatort“-Kommissar Dietmar Bär gesprochen wird.

Und so wird auch die ARD-„Sportschau“ heute Abend, wenn sie zur Königszeit um 20.15 Uhr den Bundesliga-Rückrundenstart in Szene setzten darf, wieder auf sich selbst und ihr Archiv zurückgeworfen sein.

Doch nicht mehr Geheimtipp, sondern Pflichtprogramm für einen großen Teil der „Sportschau“-Macher ist „Kick off!“ schon längst. Denn das weltweit über Satellit (donnerstags 20.30 Uhr) und im Internet (www.dw-world.de/kickoff) zu empfangende Format der Deutschen Welle gilt unter Fachleuten als absolut empfehlenswert. Übrigens gerade weil die knapp 30-minütige Sendung Fußball-Berichterstattung ganz anders versteht: hintergründiger, intelligenter, experimentierfreudiger, pointierter und sachkundiger als die versammelte Konkurrenz bei den „großen“ Fußballsendern.

„Aber letztlich verstoßen wir zu sehr gegen deutsche Fernsehgewohnheiten“, sagt Andreas Kirchhoff, einer von fünf „Kick off!“-Köpfen, und meint damit Sendungsrubriken wie „Auf dem Platz“: Hier werden Bilder einer ausgewählten Partie des vorigen Bundesliga-Spieltags unkommentiert aneinander geschnitten, die mit einer Spezialkamera direkt von der Seitenlinie gemacht wurden. Derartige Einstellungen erlebt der geübte deutsche Fußballzuschauer für gewöhnlich nur bei Zeitlupen. „Dieses Feature haben wir uns von den britischen Kollegen abgeschaut, die in ihren Übertragungen Fußballspiele ganz anders auflösen“, so Kirchhoff. „Daraus ist dann durch Zufall eine ganze Rubrik entstanden.“

Hinter dem Zufall steckte allerdings Zwang, oder konkreter: das knappe Budget. Denn die teuren Exklusivbilder waren eigentlich nur als Hintergrund für Spieler-Interviews gekauft worden. Doch weil das schlicht zu teuer war, entschied sich die Redaktion, den Einkauf mit einer ganzen Rubrik zu rechtfertigen.

Dafür ist „Kick off!“ insgesamt eher eine Spardose. Fünf Mitarbeiter besetzen im Rotationsprinzip die Redaktions-Posten. So wirken an jeder Sendung äußerst kostensparend nur zwei Personen mit, denen wiederum ein Stamm von freien Autoren zur Verfügung steht. Und das sind in der Regel Studenten, die den Sprung in den TV-Fußball schaffen wollen. Einen Moderator auf dem Schirm gibt es auch nicht. Dafür spricht neben Bär auch „Tatort“-Kommissar Peter Lohmeyer regelmäßig aus dem Off zum Kick.

Die nicht aus den Rundfunkgebühren, sondern aus Steuergeldern finanzierte Deutsche Welle soll – natürlich öffentlich-rechtlich – die Berichterstattung aus Deutschland in der Welt absichern. Und bekam in den vergangenen Jahren einen strikten Sparkurs verordnet. „Um reich zu werden, macht den Job keiner“, holt Niels Eixler aus, der die jüngste Ausgabe als Chef vom Dienst verantwortete. Sogar Eixler ist im Nebenjob Kneipier und war am Abend im eigenen Lokal Fritznielsen Gastgeber der schon traditionellen „Kick off!“-Sendeparty. Ein Happening, das nicht nur für die Macher den gemütlichen Abschluss der Produktion darstellt, sondern auch den Kontakt zum Zuschauer ermöglicht. Denn der ist für die „Kick off!“-Mitarbeiter tatsächlich noch stärker ein unbekanntes Wesen als bei den meisten anderen TV-Sendern. Denn „die Marktforschung wäre schlicht zu teuer, um zu überprüfen, wie viele Menschen uns weltweit zusehen“, sagt Kirchhoff. Insofern seien diese direkten Kontakte ebenso wertvoll wie Leserbriefe. „Selbst wenn darin schon einmal ein afrikanischer Zuschauer fragt, ob wir seinen Sohn nicht an einen Bundesligaklub vermitteln könnten.“

Positive Resonanz bekommen die Macher auch innerhalb der ARD. Die „Sportschau“ beispielsweise nutzt „Kick off!“ für manche inhaltliche Kooperationen. Und darüber hinaus werden auch schon einmal ganze Sendeinhalte kopiert, wie zuletzt bei der bildlichen Aufbereitung, die in der „Sportschau“ laut Eixler der „Kick off!“-Interview-Rubrik „Am Mann“ sehr ähnlich sah. Aber das war natürlich nicht abgesprochen.