: Der fünfte Friseur in der Straße
Die BremerExistenzgründungsInitiative (BEGIN) hilft Gründern in der Krise mit Coaching
taz: Das Konzept „Ich-AG“ existiert seit drei Jahren. Viele Existenzgründer sind schon wieder vom Markt verschwunden. Ist eine Kleingründung mehr als eine kurze Pause von der Arbeitslosigkeit?
Harm Wurthmann, BEGIN-Koordinator: Wer im Vorfeld gut plant, hat eine Chance zu überleben. Wenn man seinen Job wirklich gut kann, wenn das Konzept stimmt, hat auch der hundertste Hausmeisterservice in der Stadt eine Chance oder der fünfte Friseur in der Straße.
Kann man als ExistenzgründerIn denn richtig Schotter verdienen?
Wurthmann: Dazu muss man etwas ganz Spezielles machen. Mir fällt ein Friseur ein, der nur mit Naturfarben arbeitet, keine Dauerwellen, alles ökologisch. Der ist über Wochen im Voraus ausgebucht. Oder eine Suppenbar. Man findet in traditionellen Bereichen noch kleine Lücken.
Was sind die häufigsten Fehler von Existenzgründern?
Wurthmann: Viele sind nicht gut vorbereitet. Eine Idee – schön und gut. Aber wie viel Geld brauche ich? Was muss ich tun, damit Kunden kommen? Wer sind meine Kunden überhaupt? Das sind Fragen, die sich viele nicht stellen.
Torsten Stadler, BEGIN-Berater: Manche wollen zwölf Euro die Stunde nehmen. Das geht nicht. Man muss berücksichtigen, wie oft man umsonst arbeitet. Viele Wege macht man zwei-, dreimal. Und dann muss man auch Zeit einplanen, um kontinuierlich neue Kunden zu akquirieren.
Raten Sie Gründungswilligen auch ab?
Wurthmann: Es ist besser, wenn vorher jemand abrät, als wenn man hinterher mit Schulden dasteht. Ein Beispiel, das wir heute belächeln: Eine Zeit lang stand in Branchenführern, man solle eine Kinder-Computerschule aufmachen. Das haben Leute gelesen, die gar nicht mit Computern umgehen konnten. Sie wollten sich damit selbstständig machen und jemanden als Lehrer einstellen. So etwas geht nicht.
Was tut ein Coach im Krisenfall?
Stadler: Man vergleicht den Ist-Zustand mit den Planzahlen und zieht Bilanz: Welche Kunden habe ich erreicht? Welche nicht? Bin ich zu teuer? Zu billig? Wir vermitteln Coaches aus verschiedenen Fachrichtungen, zum Beispiel einen Marketingberater.
Was kann der tun?
Stadler: Wenn ein Gründer eine Anzeige im Anzeigenblatt geschaltet hat, sagen wir als Berater: Gucken Sie mal, wie oft an Briefkästen steht „Kein Bremer Anzeiger“.
Wieviele Gründer nehmen Ihr Angebot kostenloser Coachingstunden in Anspruch?
Wurthmann: Es könnten mehr zugreifen. Seit das Programm im Januar 2005 gestartet ist, haben wir 196 Coachings vermittelt. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass hier Tausende in die Gründungsberatung kommen. Interview: abe