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Archiv-Artikel

Rechte Auswahl

Ein Buchladen in St. Georg verkauft ungestraft rechte Literatur von Heß bis Irving. Neonazis und Verfassungsschutz ist das wohl bekannt. Nur der Inhaberin nicht so genau

In der rechten Szene ist die Hamburger Buchhandlung „Bücher Thiede“ bekannt. Regelmäßig pries die Geschäftsinhaberin Carmen Thiede ihr Programm selbst in der Zeitschrift Der Freiwillige an. Unter der Rubrik „Gewerbliche Anzeigen“ der Zeitung der „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehem. Waffen SS“ heißt es: „Große Auswahl Zeitgeschichte und Militaria Literatur. Viele Raritäten und vergriffene Titel“.

Über Jahre bot sie an, „Suchlisten“ zu bearbeiten und wies auf ihren „Online Shop“ hin. Für 110 Euro können sogar die „Reden“ des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß erworben werden. Die hohen Preise missfallen manchen Rechten, weiß Manfred Murck, Vize-Chef des Hamburger Verfassungsschutzes. „Die von uns betreute Szene kennt den Buchladen mit seinen Angebot“, sagt er.

Seit über 50 Jahren besteht die Buchhandlung in St. Georg, doch erst im August vergangenen Jahres ist der Laden vom Steindamm in die Lange Reihe gezogen. „Wegen der Miete“, heißt es. Rechts neben der Kasse finden sich die Bücher, die die rechte Kundschaft erfreuen. Unter ihnen Werke, in denen die Einsätze der Waffen-SS verharmlost oder die Taten von Wehrmachtsoffizieren beschönigt werden.

Wohlwollend wird etwa Generalfeldmarschall Erich von Manstein vorgestellt. Das britische Militärgericht verurteilte ihn 1949 in Hamburg zu 18 Jahren Haft. 1941 hatte er befohlen: „Das jüdisch-bolschewistische System muss ein für alle Mal ausgerottet werden.“ Neben klassischen Titeln aus rechten Verlagen wie „Siegfried-Bubis“, „Munin“ oder „Pour le Mérite“ können aktuelle Publikationen eingesehen werden. Vor allem vom Arndt-Verlag liegen Neuerscheinungen aus. So David Irvings „Der Untergang Dresdens. Apokalypse 1945“. Der britische Historiker, der die Gaskammern im Konzentrationslager Auschwitz zu „Fälschungen“ erklärte, ist gleich mit mehreren Publikationen präsent. Zurzeit sitzt der Holocaustleugner wegen „Wiederbetätigung“ und „Verstoß gegen das NS-Verbot“ in Wiener Untersuchungshaft.

In seinem Jahresbericht erwähnt der Verfassungsschutz von Schleswig-Holstein den „Arndt“- und den „Pour le Mérite“-Verlag erneut. In Martensrade ist die Verlagsgruppe von Dietmar Munier ansässig, die von den Verfassungsschützern als „rechtsextrem“ einstuft wird. Thiede stört das wenig: „Das weiß ich nicht so“, sagte die Geschäftsinhaberin der taz. Zudem vertreibe sie die Titel ja auch über Amazon, und „die würden eingreifen, wenn da was wäre“, meinte sie.

Dass nicht jeder in einem Heft der ehemaligen Waffen-SS wirbt, wiegelt sie ab: „Mache ich jetzt nicht mehr“, beteuert sie. In den vergangenen Jahren annoncierte sie aber auch nicht in jeder Ausgabe. Andreas Speit