: Kleine Anfrage, keine Antwort
Die Grünen wollten wissen, ob denn – und wann – die Affenversuche an der Bremer Uni tatsächlich „reduziert“ würden. Der Senat wollte nicht auf die Fragen antworten. Auf elf Seiten nicht
Bremen taz ■ „Kleine Anfragen“ sind ein Instrument, mit dem die Legislative (Bürgerschaft) ihren Anspruch auf Informationen über das Handeln der Exekutive (Senat) wahrnehmen kann. Da die Exekutive bei Anfragen, die ihr unangenehm sind, eher ausweichend zu antworten pflegt, muss eine Oppositionspartei schon sehr detailliert fragen, will sie entsprechende Auskünfte bekommen. Die Grünen haben im Dezember Nachfragen zu der weiteren Genehmigung der Makakenexperimente an der Bremer Universität formuliert – 27 Fragen an der Zahl. Die Antwort des Senats ist ein Lehrstück in der undemokratischen Kunst, selbst auf konkrete Fragen der Parlamentarier die Antwort zu verweigern.
Hintergrund der grünen Fragen ist die Tatsache, dass für die Hirnforschung ein zwei Millionen Euro teurer Kernspintomograf angeschafft wurde in der Absicht, damit die Zahl der „invasiven“ Tierversuche mit der Sonde im Gehirn zu reduzieren. In Wirklichkeit wird dank der neuen Technik die Zahl der Tierversuche vergrößert – die Versuchstiere müssen auf den Primatenstuhl und in den Kernspintomografen, beides ist für die freiheitsliebenden Tiere „nicht artgerecht“ und würde, wäre es nicht mit höheren Zielen gerechtfertigt, als „Tierquälerei“ verboten.
Wie viele Makaken dürfen in dem neuen Genehmigungszeitraum in den Kernspintomografen gesteckt werden, wollten die Grünen vor diesem Hintergrund wissen. Die Antwort des Senats: Die Nutzung von insgesamt 13 neuen Tieren ist für die neue Affenversuchsphase genehmigt worden, Vorgaben über die Zahl der Versuche im Primatenstuhl oder im Kernspintomografen gibt es nicht. Über welchen Zeitraum dürfen die Affen in den Versuchsreihen eingesetzt werden, fragen die Grünen. Antwort des Senats: In dem Genehmigungsbescheid „sind die maximalen täglichen und wöchentlichen Versuchszeiten für die Makaken differenziert pro Tier festgelegt“. Punkt. Keine Antwort auf die Frage nach dem Zeitraum. Die Grünen fragten nach der Anzahl der zulässigen chirurgischen Eingriffe – die ergibt sich aus den Versuchserfordernissen, erklärt der Senat. Das bedeutet: keine Obergrenze festgelegt. Sind Erholungszeiträume für die Tiere festgelegt, in denen keine Untersuchungen vorgenommen werden dürfen? Erholungsphasen hängen von den Planungen der Wissenschaftler und der „Verfügbarkeit wissenschaftlicher und technischer Mitarbeiter“ ab, antwortet der Senat, im Klartext: Schonzeiten sind nicht in der Genehmigung festgelegt worden. Wie lange dauert die Dressurphase vor den eigentlichen Experimenten? Auch keine Antwort.
Klar sind nur die Antworten auf die Fragen der Grünen nach den Rattenversuchen. Insgesamt 135 Versuchsratten hatte der Senat für die Jahre 1998 bis 2004 genehmigt, die Wissenschaftler haben aber nur 52 „gebraucht“. Offenbar wurden Anträge „auf Vorrat“ gestellt.
„Die Versuche an Ratten sind ein integraler Bestandteil der Makakenversuche“, erläutert der Senat nun, „und dienen der Fortentwicklung der hoch komplizierten Methodik und Technik sowie deren Erprobung und Etablierung bei den Primaten“. Der Senat lässt sich auch jährlich berichten, ob der Einsatz des Kernspintomografen wie in dem Parlamentsbeschluss von 1997 („Tierversuche perspektivisch reduzieren“), suggeriert zu einer Verringerung der invasiven Experimente durch „alternative Methoden“ führt. Auch danach fragen die Grünen – und die Antwort deutet darauf hin, dass die Auskunft der Wissenschaftler regelmäßig recht knapp ausfällt: „Nach jährlicher schriftlicher Mitteilung haben sich diese alternativen Verfahren nicht abgezeichnet.“ Als geradezu naiv erscheint vor diesem Hintergrund die Erklärung der damaligen Wissenschaftssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD), die bei der Genehmigung von 5,6 Millionen Mark Bauinvestitionen 1998 dem Parlament erklärte: „Wenn die Affenversuche in drei Jahren hoffentlich abgeschlossen sind, können die Bauten weiter benutzt werden.“
Den Neurologen geht die Genehmigung trotz der geringen Einschränkungen nicht weit genug, sie haben dagegen Widerspruch eingelegt. Was genau das Thema des Widerspruchs ist, wird vom Wissenschaftsressort nicht bekannt gegeben.
Nachdem sich seit dem Parlamentsbeschluss von 1997 nicht viel „perspektivisch reduziert“ hat, soll nun eine wissenschaftliche Expertenkommission dabei helfen, die invasiven Tierversuche „zu einem geeigneten Zeitpunkt, spätestens 2010“ zu beenden, wird in dem Entwurf der Senatsantwort mitgeteilt. Die Hälfte der Sitze in der Kommission, die dies nichtöffentlich vorbereiten soll, wird allerdings auf Vorschlag der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) vom Wissenschaftssenator besetzt. Beide finanzieren die Makakenexperimente und halten sie durch den Hinweis auf die Freiheit der Grundlagenforschung für gerechtfertigt. kawe