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Archiv-Artikel

Millionen gesucht

ETAT Wo holt sich der Finanzsenator das Geld, das ihm der „Zensus-Schock“ raubt? Ulrich Nußbaum hat eine unkonventionelle Idee

Folgen für die Unis

■ Auch Berlins Hochschulen müssen auf die neue Haushaltslage reagieren. Mit dem Senat verhandeln sie derzeit über die Zuschüsse für die Jahre von 2014 bis 2017. Dem Tagesspiegel sagte TU-Präsident Jörg Steinbach: „Die nicht öffentlich diskutierten Summen für die Hochschulen des Landes sind weit vom tatsächlichen Bedarf entfernt.“ Der Senat soll dem Bericht zufolge mit einer Steigerung um 90 bis 100 Millionen Euro bis 2017 planen, die Unis sollen 147 Millionen fordern. (taz)

VON SEBASTIAN ERB

Der rot-schwarze Senat will das Finanzierungsloch, das durch die Ergebnisse der bundesweiten Volkszählung entsteht, ohne die Aufnahme neuer Schulden stopfen. Auch halte man an dem Ziel fest, bis zum Jahr 2015 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, sagte Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) nach der Senatssitzung am Dienstag. Zugleich betonte er, das Ergebnis habe das Land hart getroffen. Von einem „Zensus-Schock“ sprach der Senator: Niemand habe eine Entwicklung in dieser Größenordnung vorhersehen können.

Weil Berlin laut der Volkszählung von 2011 rund 180.000 Einwohner weniger hat als gedacht, erhält das Land künftig weniger Geld aus dem Länderfinanzausgleich und muss sogar knapp eine Milliarde Euro zurückzahlen. Dieser Betrag wird mit dem Geld verrechnet, das die Geberländer überweisen.

Das Land, das mit knapp 63 Milliarden Euro verschuldet ist, muss also noch mehr sparen. Ein Teil der unverhofften Mindereinnahmen soll durch Mehreinnahmen aus Steuern aufgefangen werden: Die jüngste Steuerschätzung geht von knapp 500 Millionen Euro extra aus. Bleibt nach Berechnung der Finanzverwaltung ein Minus von rund 450 Millionen Euro in diesem und um die 350 Millionen Euro jährlich in den kommenden Jahren.

Die Senatoren vereinbarten am Dienstag, dass in allen Ressorts noch einmal nachgerechnet und nach Sparmöglichkeiten gesucht wird. Wenn das zu keinem Ergebnis führen sollte, will Nußbaum eine Haushaltssperre verhängen. Für sein eigenes Haus könne er aber bereits positive Nachrichten vermelden, sagte Berlins oberster Kassenwart am Dienstag. Ein dreistelliger Millionenbetrag an Zinsausgaben fiele weniger an. Auch würden außerplanmäßig Mittel aus noch bestehenden Verträgen der Wohnungsbauförderung früher zurückfließen als geplant – noch einmal um die 50 Millionen Euro. Reichen wird das nicht, das weiß Nußbaum selbst.

Auch auf Nachfrage wollte – oder konnte – der Finanzsenator kein konkretes Projekt nennen, bei dem er Einsparpotenzial sieht. Die geplante Zentral- und Landesbibliothek auf dem Tempelhofer Feld? Die Renovierung des asbestverseuchten Kongresszentrums ICC? Es werde alles auf den Prüfstand gestellt, betonte Nußbaum.

„Ein kreatives Brainstorming über alles“

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) zu Einsparmöglichkeiten

Ein paar vage Ideen

Vor allem aber will der Finanzsenator neue Einnahmequellen aufspüren. Es sei jetzt ein „kreatives Brainstorming über alles“ gefragt. Ein paar vage Ideen hat Nußbaum schon: Man könne eventuell die Maklergebühren begrenzen und dafür die Grunderwerbssteuer heraufsetzen. Sprich: Auf Kosten der Makler die Landeseinnahmen steigern – ohne dass es für den Käufer teurer wird. Und in jedem Fall müsse die City-Tax bald kommen.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Ramona Pop, fordert, der Senat müsse nun „umgehend“ eine neue Finanzplanung vorlegen. Nußbaum sagte, es sei unklar, ob das wie geplant bis zum 18. Juni klappe: „Sicherheit geht hier vor Schnelligkeit.“ Mittelfristig will der Senat prüfen, welche Ausgaben unter Umständen wegfallen können, weil in Berlin weniger Menschen wohnen als bisher gedacht.