Mit frischer Bettwäsche

CAMP „Blutsfreundschaft“ von Peter Kern (Panorama) ist eine Politromanze mit Helmut Berger als Helmut Berger, die durchaus amüsante Momente hat

Mit freien Oberkörpern schnauben sie sich an und rammen ihre komplett dummen Köpfe ineinander

„Bis heute bin ich politisch überhaupt nicht interessiert, aber Luchinos Betrachtungsweisen weckten zeitweilig mein Interesse an Zeitgeschichte“: So schrieb Helmut Berger 1998 in seiner famos selbstsüchtigen Autobiografie „Ich“ – mit Luchino meinte er bekanntlich Visconti. Wenn Berger heute in Filmen Nazis spielt, hat dies also weniger damit zu tun, dass er dem Bösen einfach ein Gesicht geben muss, sondern damit, dass es eine gute Rolle ist – oder er eben einen Film drehen kann. 1976 trat er in Tinto Brass’ Sleaze-Orgie „Salon Kitty“ schon mal als SS-Offizier Helmut Wallenburg auf, in Peter Kerns „Blutsfreundschaft“ (Panorama) hat er eine Vergangenheit als HJ-Führer zu bewältigen, in seinem nächsten, noch nicht fertig gestellten Film „Iron Cross“ wird man ihn als Altnazi sehen.

In „Blutsfreundschaft“, der neuen Regiearbeit des als Fassbinder-Darsteller bekannt gewordenen Österreichers Peter Kern, geht es um zwei parallele Wiener Welten, deren einzige Verbindung in dem 16-jährigen Ausreißer Axel (Harry Lampl) besteht. Er pendelt zwischen den Treffen einer Neonazigruppe und Gustav Tritzinskys Waschsalon, der keineswegs „wunderbar“ ist, obwohl sein Besitzer erzschwul ist. Mit seinen 80 Jahren blickt Tritzinsky (Berger) noch in den Spiegel, als sei er Dorian Gray, und auch ansonsten ist er anfällig für alles Schöne. Kein Wunder, dass er den knusprigen Axel, der sich nach einer mörderischen Nazimutprobe in seinen Salon geflüchtet hat, nicht zum Teufel jagt. Im Gegenteil: Er erkennt in dem Eindringling die Chance, an ihm (und damit auch an seiner eigenen HJ-Biografie) einiges wiedergutzumachen. Weil Helmut Berger in dieser campen Politromanze nicht als Schauspieler, sondern als er selbst besetzt ist, darf man sagen: Er bietet Axel, was er selbst früher bei Visconti bekam: „ein normales Leben mit frischer Bettwäsche und Vaterersatz“ („Ich“).

Das alles kann dennoch nicht gutgehen, so viel ist klar. Und doch hat der Film amüsante Momente, etwa wenn Tritzinskys queere Clique in einem Seitenstrang des Plots in der Stretchlimo zum Flughafen fährt, um die Transsexuelle Christina zur Geschlechts-OP nach Casablanca zu verabschieden, oder wenn die Nazis in ihrem Kellerclub Pogo tanzen. Mit freien Oberkörpern schnauben sie sich an und rammen ihre komplett dummen Köpfe ineinander. Nur Bruce LaBruce hat ausländerfeindlichen Gruppensex bislang konsequenter darstellen können. JAN KEDVES

■ 18. 2., 22:30, Cubix 7 & 8 Interlock