: Saubere Schulhöfe
CDU-Politiker Heinemann verknüpft Deutschlernen mit Sanktionen und steht damit allein. Entwürdigende Strafen in Hamburg verboten
von KAIJA KUTTER
Robert Heinemann fühlt sich missverständlich zitiert. So kommentiert der CDU-Schulpolitiker die Bild-Schlagzeile, die ihm in der vergangenen Woche bundesweit Beachtung einbrachte. „Wer nicht richtig Deutsch spricht, muss den Schulhof fegen“, brachte das Boulevardblatt auf den Punkt, was Heinemann zur möglichen Übertragung einer Deutschpflicht von Berliner auf Hamburger Schulhöfe geäußert hatte.
Er halte viel von der „Selbständigkeit der Schulen“, betonte der PR-Fachmann gestern, und habe lediglich gesagt, „wenn eine Schule Probleme hat und sagt, sie kriegt es nur gelöst, indem sie festlegt, dass Deutsch gesprochen wird, soll sie das machen“. Auf die Frage, welche Sanktionsmaßnahmen es gebe, habe er geantwortet, das gehe „von Streitschlichten bis Schulhoffegen“. Letzeres habe er als Schüler selbst tun müssen. „Wenn ein Schüler 25-mal auf dem Schulhof andere Leute bepöbelt und sich davon nicht abbringen lässt“, so Heinemann, „dann sagt man: Du machst morgen den Schulhof sauber.“
Auch wenn er gestern in Bild richtig stellen dufte, den Besen nicht gefordert zu haben: Das Thema Deutschlernen hat Heinemann gleichwohl mit Sanktionen verknüpft. Eine Auffassung, die nicht einmal Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) teilt. „Verbote sind das schlechteste aller Mittel“, sagt ihr Sprecher Alexander Luckow. Und die nicht Deutsch sprechenden Schüler fegen zu lassen, „macht keinen Sinn“.
Eltern, Lehrer und Schüler müssten es als gemeinsame Aufgabe sehen, das „Deutsche in den Mittelpunkt zu stellen“ und sich dabei auf „positive“ Dinge besinnen, so Luckow: „Etwa eine kleine Lesung von Oberstufenschülern in der Pause.“ Ganz im Sinne der Selbstverantwortung will indes auch die Senatorin den Schulen „ins Belieben stellen“, ob sie eine Sprachregelung treffen.
Ein Ansatz, den die GAL-Schulpolitikerin Christa Goetsch problematisch findet. Die Autonomie der Schulen sei „etwas Erstrebenswertes“, sagt sie. „Aber sie hat Grenzen, wo die Menschenrechte verletzt werden.“ So bestehe die Gefahr, dass nun extrem konservative Schulen in „weißen Stadtteilen“ auf Druck der Elternschaft den wenigen Kindern aus der örtlichen Asylunterkunft verbieten, Dari oder Paschtun zu sprechen. „Dabei brauchen die Kinder ihre Muttersprache, um sich auch mal untereinander auszutauschen“, sagt Goetsch. Dies dürfe nicht verboten werden, „und sanktioniert sowieso nicht“. Ohnehin spricht die Grüne von einer „Geisterdebatte“: Deutsch ist auf Hamburgs Schulhöfen längst Verkehrssprache, so ermittelte die Kess-Grundschulstudie.
Aber das Besen-Zitat wirft auch die Frage auf, welche Strafen überhaupt erlaubt sind: Behördensprecher Luckow zufolge gibt es im Schulgesetz „eindeutige Bestimmungen“. Nicht erlaubt sind laut gültigem Gesetzeskommentar von 1997 „körperliche Züchtigung“ und „entwürdigende Erziehungsmaßnahmen“. Dazu zählen „in die Ecke stellen“, „Kniebeugen machen lassen“, „Nachsitzen zur Strafe“ und – was Lehrer konsequent ignorieren – das „seitenweise Abschreiben von Texten oder vielfaches Schreiben desselben Wortes“.
Erlaubt hingegen ist es, zur „Wiedergutmachung des angerichteten Schadens“ aufzufordern. In diesem Sinne, sagt Luckow, könnten Schüler, die gegen das Rauchverbot verstoßen, auch ihre Kippen auffegen.