: Kurzsichtige aufgepasst: Grün ist en vogue
ÖKOLOGISCHE TEXTILIEN Immer mehr Modehäuser kennzeichnen ihre Bekleidung mit Bio- und Naturlabels. Genaues Hinsehen lohnt: Denn oft wird die Biobaumwolle mit den üblichen Textilchemikalien gefertigt
Die Green Fashion ist in der Welt der Haute Couture angekommen. Sowohl die Berliner Fashion Week als auch die Modemesse Premium präsentieren bereits seit mehreren Jahren in eigenen Veranstaltungsreihen Green Couture. Hingucker auf der diesjährigen Premium war die Marke nanai, die Kleidung, Schuhe und Accessoires aus Lachsleder vorstellte. Benannt nach einem tungusischen Volksstamm, dessen Nachfahren bis heute in Sibirien ein über Jahrhunderte entwickeltes Verfahren zur Gerbung von Lachshäuten pflegen, arbeitet das Label mit Lachshäuten aus ökologischer Kreislaufwirtschaft.
Die Schuhe, Jacken und Taschen von nanai haben ihren Preis. Doch Green Fashion gibt es längst auch für den schmaleren Geldbeutel. Vor allem in Europa hat das dem ökologisch korrekt angebauten und verarbeiteten Zwirn einen anhaltenden Boom beschert. Wie auch im Bereich der Naturkosmetik gehört Deutschland, was die Grüne Mode angeht, zu den Trendmärkten – neben Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien.
Seit Juli 2008 können Verbraucher sich mithilfe eines Gütesiegels vergewissern, ob das grüne Modeprodukt wirklich so grün ist, wie es tut. Das G.O.T.S.-Label erhalten nur Kleidungsstücke, die vom Anbau über die Verarbeitung und Konfektion bis hin zur Verpackung unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Kriterien produziert worden sind.
Mitentwickelt vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft e. V. (IVN), der seinen Sitz in Deutschland hat, steht es für die Erfüllung des weltweit gültigen „Global Organic Textile Standard“, dem nur Textilien entsprechen, die aus natürlichen Biorohstoffen wie Baumwolle, Wolle, Seide, Hanf oder Leinen bestehen und mithilfe von natürlichen oder synthetischen Farben, Ausrüstungsstoffen und Hilfsmitteln gefertigt werden, die keine Umwelt- und Gesundheitsgefährdung mit sich bringen.
„Zwar kennzeichnen immer mehr Modehäuser ihre Bekleidung mit Bio- und Naturlabels, meist handelt es sich dabei aber um Textilien, die zwar aus Biobaumwolle sind, die ansonsten aber mit den üblichen Textilchemikalien gefertigt wurden. Oder es findet lediglich eine reine Schadstoffprüfung am Endprodukt statt, die aber nichts über den Herstellungsprozess und die eingesetzten Materialien aussagt“, warnt der IVN.
Es ist unwahrscheinlich, dass die erste grüne Komplettkollektion des Moderiesen H&M den strengen Kriterien des G.O.T.S.-Labels von vorn bis hinten entsprechen wird. H&M war bereits in den vergangenen Jahren auf den Green-Fashion-Zug aufgesprungen und hatte in seiner „Organic Cotton“-Linie vor allem Basics angeboten. Die Hosen, Kleider, Röcke, Tops und Accessoires der „Garden Collection“, die am 25. März auf den deutschen Markt kommen soll, bestehen zum Teil aus recycelten Materialien, ansonsten aus Biobaumwolle und Bioleinen. Auf Chemie wurde laut H&M „fast komplett verzichtet“.
Auf der BioFach, die der umweltbewussten Mode dieses Jahr zum zweiten Mal in einer „Textil-Area“ einen eigenen Platz einräumt, ist die schwedische Kette nicht vertreten. Hier präsentieren sich vor allem kleinere Modelabel. Von der schwarzen Bambussocke für den Herrn über Kinder- und Babybekleidung aus besonders hautverträglichen Biofasern bis zu „bioenergetisierter Wellnesskleidung“ reicht die Produktpalette der insgesamt 48 Aussteller. Für alle gilt: Gemäß dem Motto der diesjährigen BioFach „Organic and Fair“ müssen ihre Produkte nicht nur aus ökologisch korrekt angebauten und behandelten Fasern gestrickt, gewebt oder genäht sein, sondern sie müssen auch fair gehandelt sein. SOPHIE DIESSELHORST