: Probleme an Berliner Schulen
betr.: „Deutschpflicht trifft auf blanke Nerven“, taz vom 26. 1. 06
Was mich an der ganzen aufgeregten Debatte um die „Deutschpflicht auf dem Schulhof“ stört, ist, dass sie von den eigentlichen Problemen an vielen Berliner Schulen ablenkt.
Wer nimmt denn wahr, dass seit der faktischen Aufhebung der Einschulungsbereiche der Grundschulen die Schulen zunehmen, die fast nur noch von Migrantenkindern besucht werden? Dass auch außerhalb von Kreuzberg und Wedding Schulen mit einem Migrantenanteil von über 80 Prozent keine Seltenheit mehr sind? Dieser Entwicklung wird von der Bezirken nicht gegengesteuert, es wird der einzelnen Schule überlassen, wie sie damit zurechtkommt. An solchen Schulen wird die Sprachförderung – trotz zusätzlicher Förderstunden – wirklich zum Problem: Die einzigen Sprachvorbilder sind hier die Erwachsenen. Wenn einzelne Schulen Konzepte entwickeln, wie sie in dieser schwierigen Situation trotzdem erfolgreich Schule machen können, so ist dies zu begrüßen, auch wenn mal zu einem untauglich Mittel gegriffen wird. MECHTHILD NOBLÉ, Berlin
Die Berliner Schulen haben nach dem neuen Schulgesetz die Möglichkeit, eigene Schulprofile zu entwerfen. Wie kann es da falsch sein „Sprache“ als Profil herauszustellen, gerade wenn es um eine Berliner Schule im Bezirk Wedding geht?
Jede Schule im Wedding versucht, bezüglich enormer Sprachdefizite der Schüler ein Profil zu entwerfen, welches sich auf eine Sprachförderung bezieht. Denn die Notwendigkeit der Sprachförderung ist zumindest den Schulen bekannt. Anders scheint dies im Land Berlin zu sein. Noch immer unterrichten Lehrer das Fach Deutsch, die keine explizite Deutschausbildung haben. D. h., nicht jeder Lehrer, der Deutsch unterrichtet, hat Deutsch studiert. Wie soll z. B. ein Sport-, Kunst- oder Biolehrer effektiv Sprachförderung betreiben und Deutsch unterrichten? Doch das scheint niemanden zu stören. So wurden Lehrer auch zu diesem Schuljahr wieder – in einem Lehrercasting – nur nach Bedarfsfächern eingestellt. Englisch, Mathematik, Musik und Biologie. Ist da dem Land Berlin entgangen, dass wir gravierende Probleme bei den Sprachkenntnissen an den Berliner Schulen haben? Deutsch gilt tatsächlich als kein Bedarfsfach. Komisch nur, dass viele Organisationen gerade Projekte zur Sprachförderung ins Leben rufen und damit so viel Erfolg haben. Das Berliner Bildungssystem sollte seinen Auftrag endlich ernst nehmen und einmal hinter die Kulissen gucken – auch um endlich eine ehrliche Integration anzustreben. Sprachkenntnisse können nicht durch Deutschsprachgebote in Pausen gefördert werden, sondern nur durch eine jahrelange, effektive und professionelle Förderung im Deutschunterricht. Und dies muss durch ausgebildete Deutschlehrern erfolgen. C. HUWE, Berlin
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