Verluste für Staat durch niedrige Firmensteuer

Stiftung Marktwirtschaft schlägt Bundesregierung vor, die Gewinnsteuer auf maximal 30 Prozent zu senken

BERLIN taz ■ Die Steuer für Aktiengesellschaften und große Mittelstandsbetriebe soll erheblich sinken. Das ist der Kern des Unternehmenssteuer-Konzepts, das die Stiftung Marktwirtschaft gestern präsentierte. Die Steuersätze für Kapitalgesellschaften, darunter AGs und GmbHs, könnten von heute knapp 39 Prozent auf 25 bis 30 Prozent zurückgehen. Mittelständler, die derzeit bis zu 42 Prozent abführen, sollen ebenfalls in den Genuss der niedrigen Belastung kommen.

Die in Berlin ansässige Stiftung versteht sich als liberal und überparteilich. Zum Teil wird sie durch Unternehmen finanziert. An dem neuen Steuermodell haben 75 Fachleute, darunter die Finanzminister Kurt Falthauser (CSU, Bayern), Gerhard Stratthaus (CDU, Baden-Württemberg) und Gernot Mittler (SPD, Rheinland-Pfalz) mitgearbeitet. Für Falthauser war klar: „Unser Konzept ist die Basis für die geplante Steuerreform der großen Koalition“. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist da etwas zurückhaltender – schließlich stellt Mitte Februar auch der Sachverständigenrat der Bundesregierung sein neues Steuermodell vor. „Wir werden beide Konzepte prüfen, aber sicherlich keines eins zu eins umsetzen“, erklärte Steinbrücks Staatssekretärin Barbara Hendricks.

Die Stiftung geht von der Tatsache aus, dass die nominalen Steuersätze für Unternehmen in Deutschland im Vergleich zu den meisten anderen Staaten zu hoch sind. Körperschaftssteuer auf Gewinne und Gewerbesteuer summieren sich auf knapp 39 Prozent. Nur manche Bundesstaaten der USA und Japan liegen höher. Frankreich nimmt dagegen nur 34,9 Prozent, Großbritannien 30, Schweden 28, Polen 19 und Irland 12,5 Prozent.

Joachim Lang (Universität Köln) pries das Stiftungskonzept denn auch als Versuch, das „deutsche Steuersystem wieder wettbewerbsfähig zu machen“. Niedrigere Steuersätze würden Unternehmen aus dem Ausland anziehen und Investitionen in Deutschland lohnender machen. Die Stiftung schlägt vor, die Körperschaftssteuer, die Bund und Ländern zugute kommt, auf maximal 22 Prozent (heute 25) zu reduzieren und die kommunale Gewerbesteuer grundsätzlich zu verändern. Nur noch maximal 8 Prozent vom Unternehmensgewinn (heute knapp 14 Prozent) sollen an die Städte und Gemeinden fließen. Damit die Kommunen aber nicht bankrott gehen, erhalten sie neben der Grundsteuer einen eigenen Hebesatz für die Einkommensteuer und eine Beteiligung an der Lohnsteuer.

Nach den Berechnungen der Stiftung würden die Kommunen etwa 4,3 Milliarden Euro mehr erhalten als heute, Bund und Länder dagegen rund 14 Milliarden weniger. Unter dem Strich müssten die Unternehmen damit rund etwa zehn Milliarden Euro weniger Steuern an den Staat abführen als unter dem gegenwärtigen Recht. In diesen Genuss kämen teilweise auch große Mittelstandsbetriebe, die heute noch der höheren Einkommensteuer unterliegen. Gleiche Bedingungen für Kapital- und Personengesellschaften herzustellen, ist ein wesentlicher Antrieb für die geplante Steuerreform auch innerhalb der großen Koalition.

Trotz der geringeren Belastung der Unternehmen sieht die Stiftung die „soziale Symmetrie“ auch mit ihrem Modell gewahrt. Denn die niedrigere Steuer solle schließlich nur für die Gewinne gelten, die in den Unternehmen verbleiben und für Investitionen verwendet werden. An die Aktionäre und Eigentümer ausgeschüttete Überschüsse dagegen würden nach wie vor der höheren Einkommensteuer unterliegen.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac bezeichnete das Konzept gestern als eine „Einladung zur Steuervermeidung“ für Firmenbesitzer. HANNES KOCH