Schluss mit Planspielen

Im Berliner Verlag wird zum ersten Mal nach dem Verkauf über die Zukunft von „Berliner Zeitung“ und Co. diskutiert

Verdächtig ruhig war es in den letzten Wochen beim Berliner Verlag. Im Herbst hatten die Chefredakteure und Belegschaften von Berliner Zeitung, Kurier und Tip den Verkauf des Verlages an einen Schwung renditeverliebter Finanzinvestoren um den britischen Medienmanager David Montgomery noch als Angriff der Heuschrecken gebrandmarkt. Doch dann senkte sich von außen betrachtet gewissermaßen Winterstarre über die ganze Angelegenheit. Damit ist ab sofort Schluss: Der Aufsichtsrat von Montgomerys BV Deutsche Zeitungsholding wird sich heute in seiner Sitzung mit der Zukunft der Verlagsgruppe befassen.

Heute soll zunächst Berliner-Zeitung-Chefredakteur Uwe Vorkötter sein Konzept vorstellen. Am Abend haben dann die im Verlag vertretenen Gewerkschaften die Belegschaft zu einer Versammlung eingeladen.

Montgomery war derweil weiter auf Einkaufstour: Vorbehaltlich der Zustimmung des Kartellamts gehört auch die Hamburger Morgenpost ab sofort zur Deutschen Zeitungsholding (taz vom 30. 1.)

In einem Schreiben an Vorstand und Aufsichtsrat fordern die Betriebsräte des Berliner Verlags jetzt, „die Einheit der Verlagsgruppe“ zu wahren. „Betriebsbedingte Kündigungen müssen ausgeschlossen, die journalistische Unabhängigkeit der Redaktionen und damit das publizistische Profil „erhalten bleibe“. Die „Planspiele der letzen Wochen“ würden unweigerlich in die Konfrontation führen, so die Betriebsräte. Man sei „keineswegs darauf aus, Konflikte anzuheizen“, heißt es weiter. „Sie dürfen aber davon ausgehen, dass wir ihnen auch nicht ausweichen werden.“

Ein „Sparkonzept“ müsse Vorkötter heute aber noch nicht präsentieren, heißt es im Verlag. Um konkrete Budgets soll es erst in den kommenden Wochen gehen. Intern durchforsten Arbeitsgruppen alle Verlagsbereiche auf Synergien und Sparmaßnahmen. Die Ergebnisse, sagen Insider, seien bisher eher dürftig. Das verwundert kaum, schließlich hatten sich die Titel des Berliner Verlags in den vergangenen fünf Jahren durch extreme Verschlankung schon selbst saniert und in die Gewinnzone gebracht. Außerdem steigen bei Berliner Zeitung wie Kurier derzeit die Auflagen. Für die Renditeerwartungen des Investoren allerdings nicht schnell genug.

STEFFEN GRIMBERG