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Archiv-Artikel

Die Pflicht zum Widerstand

DEBATTE Ein Akademie-Gespräch über die eher missliche Lage der Kunst und Menschenrechte im Iran

Dass die Akademie der Künste zwei Dutzend filigrane Papierarbeiten von Mir Hossein Mousavi zeigt, ist ein Politikum im Iran. Der Vorwurf: die Bilder seien illegal außer Landes geschafft worden. Schließlich stehen der iranische Künstler und Politiker und seine Frau, die Bildhauerin Zahra Rahnaward, seit 28 Monaten in Teheran unter Hausarrest. „Für die iranische Regierung ist alles, was außerhalb ihrer Machtbefugnisse passiert, etwas Illegales“, erklärte AdK-Präsident Klaus Staeck.

Zur Ausstellungseröffnung am Donnerstag diskutierte er mit Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, dem telefonisch zugeschalteten ehemaligen Berater Mousavis, Ardeshir Amir Arjomand, und der Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan über Kunst und Menschenrechte im Iran. Mehr als 200 Interessierte drängten sich ins Haus der Akademie am Pariser Platz.

Mousavis Geschichte ist eine der vielen von politisch Verfolgten, die verschwanden oder im Gefängnis sitzen. Und doch ist sie anders: Bis 1989 war er Premierminister der Islamischen Republik und Unterstützer der islamischen Revolution. Erst nach der Kandidatur gegen Ahmadinedschad 2009 wurde er zur Symbolfigur der „Grünen Bewegung“. Im Publikum wurden darum immer wieder Zweifel an Mousavis Vertrauenswürdigkeit laut.

Shirin Ebadi erinnerte an die Rolle von Zahra Rahnaward. Als Künstlerin sei diese „bekannter und berühmter“ als ihr Ehemann und auch politisch einflussreich. 2009 hatte sie Mousavi durch den Wahlkampf begleitet: „Sie zeigte unseren konservativen Männern, dass es keine Schande ist, eine Frau zu sein.“ Und als Ebadi 2003 den Friedensnobelpreis bekam, Feierlichkeiten jedoch verboten wurden, war Rahnaward, damals Präsidentin der Alzahra-Universität in Teheran, die Einzige, die sich auch von den Geheimdienstlern nicht einschüchtern ließ und sie einlud.

Trotz unterschiedlicher Einschätzungen der politischen Lage waren sich die Diskutanten einig, dass iranische Künstler sehr unter Druck stehen. Ganz generell würde ihre Arbeit erschwert. „Die Verletzung der Menschenrechte im Iran ist systematisch“, sagte Ebadi, und appellierte an Europa, nicht nur das Atomprogramm im Visier zu haben, solange Menschen öffentlich gesteinigt würden. „Seit Jahren waschen europäische Länder die schmutzigen Gelder der Diktatoren, machen Sie ihre Welt enger! Lassen Sie nicht zu, dass die Diktatoren in Ihre Länder reisen!“, rief sie. Und die Iraner erinnerte sie an ihre Pflicht zum Widerstand – trotz mancher Unstimmigkeiten sonst am Abend jubelte da das Publikum. SONJA VOGEL

■ Mir Hossein Mousavi: „Meditationen der Freiheit“, Akademie der Künste, Pariser Platz, bis 23. Juni