HAMBURGER SZENE VON MAXIMILIAN PROBST : Die gemeinsame Geschichte
Am Stand des Apfelmanns, eine Frau bestellt. Ich stehe links von ihr, mehr als eine Armlänge links, weil rechts, mehr als eine Armlänge, ein Boulevard-Redakteur steht, und wir uns vom Wegsehen kennen, einer, der Alltagsszenen aufschreibt, etwa über den Einkaufswagen, der seit Tagen in der Isebek liegt und weggeräumt gehört.
Die Frau bestellt Äpfel, der Redakteur schaut nach rechts, ich nach links. Die Frau bestellt Birnen. Ich schaue nach vorn, und prüfe die Ware, obschon ich weiß, dass ich Cox-Orange will. Die Frau bestellt drei Zitronen, ungespritzt. Ein paar Apfelschlitze liegen auf Plastiktellern, ich probiere einen, kaue bedächtig, um nicht zu ihm schauen zu müssen, tue es aber doch, aus den Augenwinkeln, und sehe, wie auch er sich ein Apfelschlitz greift, kaut, ganz bedächtig.
Fünf Grapefruit, bestellt die Frau, „mein Mann isst die doch so gern“. Ich trete von einem Fuß auf den anderen, fühle mich auf keinem wohl, die Kälte, die durch die Schuhsole kriecht, und die Frau: „Noch ein paar Kiwis“. Der Bildredakteur greift sich in die Tasche, schaut auf sein I-Phone wie ich gerade am Zählen meines Kleingelds bin. „Und noch fünf Bananen“, sagt die Frau. Ich will, wenn ich rankomme, nur sagen, zwei Kilo Cox-Orange, dem Apfelmann das Geld passend in die Hand drücken, und links ab, ohne auch nur einmal…
Der Apfelmann: „Darf’s noch was sein?“ Die Frau: „Nein, das war schon alles.“ Bezahlt und tritt ab. Und, Himmel, was mache ich? Dreh mich nach rechts, zum Redakteur und sage in die leere Mitte zwischen uns: „Haben Sie gehört? Sie hat SCHON gesagt.“ Er: „Nach einer halben Ewigkeit!“ Wir: „Wenn das mal keine Story ist.“