: Kommissionskommunikation im Chaos
EU-Kommission will Diskussion über Europa besser koordinieren – doch fehlt ihr dabei die nötige Koordination
BRÜSSEL taz ■ Die EU-Kommission macht sich wieder einmal daran, die Kluft zwischen Europa und seinen Bürgern zu überbrücken. Dem EU-Ritual entsprechend gibt es dazu seit gestern ein neues Weißbuch, das eine breite europäische Debatte anstoßen soll. Schon der für Brüsseler Verhältnisse schmale Umfang des Dokuments zeigt den guten Willen zu weniger Papier und mehr Substanz. Doch es sind immerhin noch 14 Seiten zustande gekommen, die sich leicht in einem Satz hätten zusammenfassen lassen: Es soll mehr über Europa geredet werden, auf allen Ebenen, zwischen Entscheidungsträgern und Bürgern.
Margot Wallström, Sonderbeauftragte der EU-Kommission für das Gespräch mit den Bürgern, bringt diese Botschaft seit Monaten unermüdlich und fleißig an allen Ecken Europas unters Volk. Warum sie gestern ein Weißbuch zum gleichen Thema, in dem außer einer geplanten Europäischen Nachrichtenagentur kein neuer Gedanke steckt, fast eine Stunde später als geplant der Presse vorstellte, gehört zu den Mysterien der Kommissionssitzungen. Man wüsste gern, was es über diese Leerformeln noch zu streiten gab. Doch man wird es nicht erfahren, denn die Kommissare debattieren auch in Zukunft hinter verschlossenen Türen.
Hessens Ministerpräsident Roland Koch, der gestern das Europaparlament besuchte und sich ebenfalls Sorgen um Europa macht, verlangt mehr Transparenz bei den Entscheidungen der Kommission. Auch die Ministerräte sollten endlich öffentlich tagen, damit die Wähler wissen, ob ihre Politiker in Brüssel die gleiche Position vertreten wie zu Hause.
Die Kommission könnte immerhin mit einer anderen Selbstverpflichtung aus dem eigenen Weißbuch anfangen, nämlich mit mehr „Koordination und Planung“. Der für gestern angekündigte Vorschlag zur Finanzplanung 2007 bis 2013 entfiel ohne Begründung. Auf den Gängen der Kommission bot sich das übliche Bild: ratlose Journalisten auf der Jagd nach Informationen, für die sich kein Sprecher zuständig fühlte.
Kommunikation ohne Inhalte – das funktioniere nicht, wurde Wallström gestern von den frustrierten Brüsseler Korrespondenten entgegengehalten. Die schwedische Kommissarin zeigte volles Verständnis – und beantwortete eine konkrete Frage nach dem Konflikt zwischen schwedischen Gewerkschaftern und einer lettischen Firma, die in Schweden eine Schule renovieren will, mit ausweichenden Floskeln. DANIELA WEINGÄRTNER