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Archiv-Artikel

Kicken in einem breiten Spektrum

MEHR FUSSBALL Beim ersten Interkultur-Cup des Berliner Fußball-Verbands am Sonntag ging es vor der Leistung zunächst einmal um das Zusammenkommen

Reges Treiben auf und neben den Plätzen: Überall wird gekickt, überall fliegen Bälle. Eine dunkelhäutige Frau im langen Rock spielt barfuß, neben ihr schießt ein junger Schwarzer mit markantem Iro den Ball ins Tor, nur Flip-Flops an den Füßen. Wenige Meter weiter macht sich das Roma-Team mit Ballhochhalten warm. Zwischendrin toben Kids jeder Couleur herum.

Am Sonntag ging auf den Plätzen der Inter-Arena am Südkreuz der erste Interkultur-Cup des Berliner Fußball-Verbands (BFV) über die Bühne. Morgens gab es ein Jugendturnier, am Nachmittag traten dann acht Erwachsenenteams an, die ein breites kulturelles und religiöses Spektrum repräsentierten: Pfarrer kickten gemeinsam mit Imamen in einer Mannschaft, ein Roma-Team von Amaro Foro Neukölln war ebenso dabei wie eine Mannschaft von Flüchtlingen und ein afrikanisches Team („Afrisko“).

Mitinitiatoren des Turniers waren der Kreuzberger Club Türkiyemspor und der Gastgeber FC Internationale. Im vergangenen Jahr hatte es mit einem interreligiösen Turnier bereits eine ähnliche Veranstaltung gegeben. „Für uns ist besonders, dass etwa mit dem Roma- oder dem Flüchtlingsteam diesmal auch Mannschaften vertreten sind, die im organisierten Fußball marginalisiert sind“, sagte Gerd Thomas, zweiter Vorsitzender des FC Internationale. Den Anstoß zum Turnier übernahmen der Berliner Rabbiner Daniel Alter und Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, sowie Roland Herpich vom Berliner Missionswerk der Evangelischen Kirche.

„Heute geht es natürlich nicht um Leistung, sondern darum, dass wir zusammenkommen und das Netzwerk des Berliner Fußballs erweitert wird“, sagte Thomas weiter, „das Turnier spiegelt Berlin dabei ganz gut wider.“ Während gerade das Jugendturnier läuft, füllt sich die Sportanlage langsam; am frühen Nachmittag sind etwa 400 Leute da. „Mit Fußball kann man schon viel bewegen. Wichtig ist auch, dass man mit dem Sport auch die sogenannten bildungsfernen Schichten erreicht“, so Thomas.

Bildung ist auch ein großes Thema beim Neuköllner Verein Amaro Foro („Unsere Stadt“). Merdjan Jakupov, 25, ist Vorsitzender des Vereins und tritt mit dem Roma-Team zum ersten Mal bei einem Turnier an. „Wir sind eigentlich eher Anlaufstelle für die Roma-Jugendlichen und für Bildungsangebote zuständig“, sagt er. Fußball spiele im Alltag eine eher untergeordnete Rolle. Das Besondere an dem Turnier ist für ihn „die Vielfalt an Kulturen, die hier zusammenfinden“.

Mit dem FC Internationale, Träger des diesjährigen DFB-Integrationspreises, und dessen Vorgänger Türkiyempor sind es allerdings auch die üblichen Verdächtigen, die hier vorangehen. Vergessen sollte man beim Verband nicht, dass sich bei derartigen Turnieren auch immer nur jene treffen, die ohnehin gewillt sind, dem Fußball die integrativen Kräfte abzugewinnen, die er zweifelsohne haben kann – dem stimmt auch Gerd Thomas zu.

Ein solches Turnier hat von daher genauso wie die mittlerweile inflationär vielen Integrationsinitiativen vor allem Symbolwirkung. Das ist auch völlig in Ordnung so, und die Turniere sind deshalb nicht verzichtbar. Aber man sollte versuchen, auch jene Kicker zu erreichen, die mit Integrationsinitiativen wenig am Hut haben. Das heißt, weiter und unermüdlich dorthin zu gehen, wo der Fußball von den oberen bis zu den untersten Ligen nach wie vor massive Probleme mit Diskriminierung hat.

JENS UTHOFF