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Archiv-Artikel

Ende der dänischen Unauffälligkeit KOMMENTAR VON MICHAEL BRAUN

Nun wollen also Muslime in aller Welt dänische Produkte boykottieren und so das Land für die blasphemischen Karikaturen strafen, die dort in der Zeitung standen. Es steht natürlich jedem Menschen frei zu entscheiden, ob er sich Buko aufs Brot schmieren und mit Legosteinen spielen will. Und es steht Muslimen frei, jetzt aus religiöser Empörung den Genuss dänischer Waren bleiben zu lassen, genauso wie es anderen Menschen – auch Muslimen – freisteht, von der Boykottaktion nichts zu halten oder sie gar zu belächeln.

Es ist ein beliebtes Mittel, einen ganzen Staat samt Volk und Wirtschaft in die Haftung zu nehmen, indem man seine Produkte auf den Index setzt. Nützlich ist das nicht. Denn gezielte Kampagnen gegen einzelne Unternehmen können echte Schäden im Jahresabschluss anrichten, Boykottaktionen gegen eine ganze Nation verpuffen jedoch hinter den Kommas in der Handelsbilanz.

Und doch: Dänemarks Regierungschef, der noch vor ein paar Wochen die Botschafter der islamischen Länder gleich gar nicht empfangen wollte, knickte jetzt schnell ein. Niemand kann ernsthaft glauben, dass es an ein paar nicht verkauften Konsumartikeln in Arabien oder Pakistan lag. Weit mehr hat die Regierung in Kopenhagen die Tatsache beeindruckt, dass Dänemark sich auf einmal in der ganzen islamischen Welt zum Schurkenstaat erklärt sah, mit allem Drum und Dran, mit erbitterten Massendemonstrationen, mit der Verbrennung von Fahnen, mit dem Abzug von Botschaftern aus Kopenhagen. Die bequeme Unauffälligkeit der fremdenfeindlichen dänischen Politik im Schlagschatten von EU und USA hat ein rabiates Ende gefunden. Auch die dänische Beteiligung am Irakkrieg und die Stationierung der Truppen dort findet plötzlich wieder Beachtung. Und egal, ob „gemäßigt“ oder „radikal“: So gut wie alle islamischen Länder sind mit Protesten dabei. Mit einer interessanten Ausnahme: der Hamas in Palästina, die es sich mit der EU gerade jetzt nicht verderben will.

Rasmussen muss nun an allen Ecken und Enden Schadensbegrenzung treiben, für sich, für Dänemark, aber auch für die EU. Eine Sorge wird er aber sicher nicht haben: die Gewinne von Lego oder Buko.