: Vorerst keine Neuwahlen in Polen
Eine Jahr lang soll der rechte „Stabilitätspakt“ im Parlament halten. Pessimisten geben ihm gerade mal zwei Wochen
WARSCHAU taz ■ Polens neuer Politstar ist Bauernrebell Andrzej Lepper. Am Donnerstag unterzeichnete er einen „Stabilitätspakt“ mit der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und feierte sich als „Retter der Nation“. Auch Roman Giertych von der ultrakatholischen Liga der polnischen Familien unterschrieb. Seit den Parlamentswahlen im September, die PiS mit nur drei Prozent Vorsprung vor der liberalen Bürgerplattform (PO) gewann, ist die Minderheitsregierung der Opposition ausgeliefert. PiS wollte nämlich keine „große Koalition“ mit der PO.
Schon vor Wochen hatte Lepper gefordert: „Ich will in die Regierungsverantwortung.“ Tatsächlich verhandelte PiS mit allen Parteien. Das Ergebnis war aber dürftig. Lepper amüsierte sich schon damals: „Am Ende landet PiS doch bei uns. Sie haben gar keine andere Wahl.“
Tatsächlich blieben als realistische Mehrheitsbeschaffer für die PiS nur die zwei Bauernparteien – die gemäßigte PSL und die radikale Samoobrona Leppers – sowie die ultrakatholische Liga der polnischen Familien übrig. Die Miniparteien sind sich ihrer Macht bewusst. So ließen sie sich ihre Zustimmung zu PiS-Gesetzesvorlagen immer teuer bezahlen. Um die unberechenbaren Mehrheitsbeschaffer zu disziplinieren, verfiel PiS auf den Trick vorgezogener Neuwahlen. Laut Verfassung kann der Präsident das Parlament aber nur auflösen, wenn beide Kammern keinen pünktlichen Haushalt beschließen. „Wenn es einen Stabilitätspakt zwischen Regierung und Parlament gibt, löse ich den Sejm nicht auf“, verkündete Präsident Kaczynsky. Dazu Lepper: „Da unterschreiben wir eben jetzt den Pakt, und nach zwei Wochen brechen wir ihn wieder. Was kann der Präsident dann tun?“ GABRIELE LESSER