Der Anhalter
Sozialdemokrat Franz-Josef Drabig stolperte Ende der Neunziger über eine Rotlichtaffäre. Jetzt ist er wieder da
Sieben Jahre war Franz-Josef Drabig verschwunden. Jetzt ist der 50-jährige Sozialdemokrat, Ex-Fraktionschef im Dortmunder Rat, Ex-Oberbürgermeisterkandidat, wieder da: Im Spielcasino Hohensyburg machten die Delegierten des größten SPD-Unterbezirks Deutschlands Drabig zum Parteichef. Zurück blieb eine skeptische Minderheit. Trotz fehlender Gegenkandidaten erhielt der neue Vorsitzende nur 78 Prozent der Stimmen.
Vorausgegangen war ein tiefer Fall. Mit einer Prostituierten hatte sich Drabig im Auto erwischen lassen – ausgerechnet von einer Polizeistreife, ausgerechnet in dem Sperrbezirk, den er als Fraktionschef selbst durch den Rat geboxt hatte. Hilflose Ausreden glaubte niemand: Er habe die 33-Jährige für eine Tramperin gehalten, erklärte der Sozialdemokrat. Schließlich sei er früher selbst oft per Anhalter unterwegs gewesen.
Nicht einmal ein müdes Lächeln waren Drabigs platte Ausreden seinen Genossen Ende ‘98 wert, machten sie noch verlegener als Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung. Drabigs Wahl zum Nachfolger des langjährigen SPD-Oberbürgermeisters Günter Samtlebe geriet zum Fiasko – dabei wollten die im Rat noch mit absoluter Mehrheit regierenden Dortmunder Sozialdemokraten das Ergebnis der regulären Kommunalwahl vom September 1999 vorwegnehmen. Mindestens fünf SPD-Abgeordnete verweigerten ihrem Fraktionschef die Zustimmung. Die SPD verlor die absolute Mehrheit, nur dank der Schwäche seines CDU-Gegenkandidaten Volker Geers schaffte Gerhard Langemeyer für die SPD den Sprung ins Rathaus. Dort hat Langemeyer den gescheiterten Drabig noch heute vor Augen: Der hatte bereits Büromöbel für über 40.000 Mark bestellt, in denen Langemeyer noch heute sitzt.
Als Geschäftsführer der RWE-Immobilientochter Systems Development weich gefallen will Drabig jetzt wieder die Dortmunder SPD nach vorn bringen – sein Vorgänger Günter Wegmann hatte nach monatelangen Intrigen am Abend der Bundestagswahl seinen Rücktritt erklärt. Die einstige „Herzkammer der Sozialdemokratie“ (Herbert Wehner) müsse stärkeren Einfluss auf die Bundes- und Landespolitik nehmen, fordert der einstige Anhalter Drabig bereits: „Die Partei ist wesentlich schlagkräftiger, als sie dargestellt wird.“ Erstarkt werde die Dortmunder SPD zum Sieg bei den Landtagswahlen 2010 beitragen, hofft der neue Parteichef schon heute. Und dann dürfte mindestens ein Minister aus Dortmund stammen. ANDREAS WYPUTTA