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Grüne wollen den Ball flach halten

Heute wählen die Grünen ihren Fraktionsvorstand. Die Chefs Sibyll Klotz und Volker Ratzmann werden bleiben. Sieben Monate vor der Abgeordnetenhauswahl will die Partei nichts riskieren – denn sie möchte künftig mitregieren

Fußballvergleiche mag zwar kaum jemand mehr hören, aber im Fall der Grünen passen sie wirklich gut. Also: Wäre die Grünen-Abgeordnetenhausfraktion eine Fußballmannschaft, dann lautete ihre Devise: „Wir müssen auf Sicherheit spielen, dürfen keine Flanke entblößen, müssen uns in der Tabelle nach oben orientieren, dann werden wir am Saisonende gut abschneiden. Vielleicht schaffen wir es sogar in die Erste Liga.“

Das Saisonende ist die Abgeordnetenhaus-Wahl am 17. September, die Erste Liga eine Senatskoalition. Die scheint in greifbarer Nähe. Auch deshalb werden sich die Grünen an diese Fußballratschläge halten.

Auf Sicherheit spielt derzeit die 14-köpfige Abgeordnetenhaus-Fraktion. Heute wählen ihre Mitglieder einen neuen Vorstand. Mit ihm werden sie ins Rennen um ein gutes Wahlabschneiden gehen. Aller Voraussicht nach wird das alte Führungsduo auch das neue sein. Die 44-jährige Sibyll Klotz – seit Juni 2000 auf diesem Posten – wird ebenso bleiben wie der 45-jährige Jurist und Innenexperte Volker Ratzmann. Beide treten erneut an, GegenkandidatInnen gibt es keine.

Der bislang fünfköpfige Vorstand schrumpft auf vier Mitglieder. Der Haushaltspolitiker Oliver Schruoffeneger kandidiert nicht mehr um den stellvertretenden Fraktionsvorsitz, ebenso wenig die Gesundheits- und Verbraucherschutz-Expertin Elfi Jantzen.

Stattdessen tritt der Haushaltsexperte Jochen Esser auf Drängen von Parteifreunden an. Der 54-Jährige gilt als vermittelbar in der Partei, die weniger als acht Monate vor der Wahl keine Debatten über einen Generationswechsel provozieren will. Kulturexpertin Alice Ströver kandidiert erneut für den Stellvertreterposten. Esser und Ströver müssen keine Konkurrenz fürchten. Die vor einem Jahr knapp unterlegene Ramona Pop, zuständig für Jugendpolitik und 28 Jahre alt, tritt nicht wieder an. Wie gesagt: Die Grünen spielen auf Sicherheit.

Wahlkampfthema Bildung

Das gilt auch für die Wahlkampfthemen. „Bildung, Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung stehen bei uns ganz oben“, sagt Fraktionschefin Sibyll Klotz. So fordern die Grünen vom Senat, im Haushalt die Ausgaben für Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft und Baumaßnahmen klarer zu kennzeichnen, um die Höhe der zukunftsorientierten Investitionen zu offenbaren. Zur Förderung des Kultur-, Kommunikations- und Medienstandorts solle ein „Manager“ für diese Wirtschaftszweige ernannt werden.

Mit diesen und weiteren Forderungen stehen die Grünen da, wo sie inhaltlich sein wollen: in der gesellschaftlichen Mitte. „Wir stehen nicht in ideologischem Gegensatz zum Senat“, nennt Grünen-Chefin Klotz das. Damit versucht die Partei, sich den WählerInnen als kritische Ergänzung zum rot-roten Senat zu präsentieren. Die Grünen, die in Wahlumfragen stabil um die 15 Prozent liegen, säßen gern am Koalitionstisch.

Für eine Kapitänin haben sie bereits gesorgt. Anfang April wird eine Mitgliederversammlung die Ex-Bundestagsabgeordnete Franziska Eichstädt-Bohlig zur Spitzenkandidatin küren. Kommt es danach zum Kampf zwischen Eichstädt-Bohlig und Sibyll Klotz? Letztere will davon nichts wissen. „Solche Spekulationen interessieren mich heute überhaupt nicht“, sagt Klotz. Im Fußball-Deutsch des Dortmunder Spielers Adi Preißler hieß das einst: „Wichtig is aufm Platz.“

MATTHIAS LOHRE

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