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Archiv-Artikel

Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien in Berlin um

Weil ich mich ständig um Fotonachweise kümmern muss, komme ich um den Kalauer, „wow, schon wieder Getty Pictures“, nicht herum. Dabei liegt das Copyright der Bilder, die bis Ende der Woche noch in der Galerie im Einstein Unter den Linden zu sehen sind, gar nicht bei der aufgrund ihrer dubiosen Abmahnungspraxis berüchtigten Agentur. Falls man es in der kurzen Zeit nicht ins Einstein schafft, macht das nichts, die Schau ist ein Sidekick des Blumenbar-Bildbands „The Twins“. Die Zwillinge sind Jutta Winkelmann und Gisela Getty, die einst aus der Provinzstadt Kassel auszogen, die Welt zu erobern. Wobei das für sie – es ist 1967 – zunächst Bob Dylan meinte. Ihr Motto dabei war: „Paradies ist jetzt, das Leben ist Kunst, wir selbst sind ein Kunstwerk.“ Und so ist es auch gekommen. Jutta und Gisela Getty wurden Pionierinnen der Celebrity Culture. Schon weil sie beide – und das ist eine der interessanten Erkenntnisse der ausgestellten Bilder, die sie unter anderem mit Rainer Langhans, Uschi Obermaier, Paul Getty III, Glauber Rocha, Bommi Baumann, Wolf Wondratschek oder William Bourroughs zeigen – auch völlig stoned und zugedröhnt noch umwerfend aussahen. Immerhin wurde in den Szenen, die die Zwillinge fotografierten, nicht nur die Celebrity Culture angeschoben, sondern zunächst einmal vor allem die Drogenkultur gelebt und mit Paul Getty gewissermaßen in sie eingeheiratet.

Die zweite interessante Entdeckung, wegen der sich Ausstellung und Buch lohnen, sind die zeithistorischen Verbindungen, die sich in den Bildern auftun: da ist Alexander Kluge oder Bazon Brock genauso vertreten wie der erwartbare Mick Jagger; und da ist endlich auch das Bild, das Gisela Getty mit Bob Dylan zeigt, im Roxy in Hollywood in einer Entourage, in der man den noch ganz jungen Robert de Niro erkennt.

■ Analoge Bohème/The Twins, Galerie im Einstein, Unter den Linden 42, täglich bis 27. 2.; Gisela Getty/Jutta Winkelmann, The Twins, mit einem Vorwort von Alexander Schimmelbusch. Blumenbar Verlag, Berlin 2010, 256 Seiten, geb., 49,90 €