: Sparkasse ist keine Privatbank
Trotz alter Parteibeschlüsse will das Finanzministerium keine privatisierten Sparkassen. Die Geldhäuser sollen lieber fusionieren. Nun droht in der Landesregierung ein finanzpolitischer Zwist
VON SVEN PRANGE
Joachim Erwin hat seine Hausaufgaben gemacht – doch offenbar war die Mühe umsonst. Bis 1996 hat sich Düsseldorfs CDU-Oberbürgermeister durch die Programme seiner Landespartei gewühlt, um Recht zu bekommen. Vor zehn Jahren hatte die nordrhein-westfälische Union tatsächlich beschlossen, auf eine Teilprivatisierung der Sparkassen zu drängen. Doch nun an der Macht angekommen und offenbar konfrontiert mit den Wünschen zahlreicher Kommunalgranden der eigenen Partei, rückt die CDU von ihren alten Beschlüssen ab. Eine Sparkassen-Privatisierung ist offenbar endgültig vom Tisch. Joachim Erwin wird isoliert. Nur die FDP scheint noch zu ihm zu halten.
Zwar betont Landes-Finanzminister Helmut Linssen (CDU), dass es bei der für Sommer geplanten Sparkassenreform keine Denkverbote gebe, allerdings zeichnen sich schon jetzt die Eckpunkte eine künftigen Bankenstruktur ab: Sowohl die Sparkassenverbände in Rheinland und Westfalen-Lippe, als auch die Kommunen wollen keine Privatisierungen und kein Holding-Modell der Sparkassen unter Einbeziehung der landeseigenen WestLB. Letzteres hatte der Düsseldorfer Erwin gefordert, um „seiner“ Sparkasse Kooperationen mit der einstigen Landesbank WestLB zu ermöglichen. Denn bislang galt eine strikte Aufgabentrennung: Die Sparkassen kümmern sich um die Kleinsparer vor Ort, die WestLB ums potente Finanzkapital.
Geht es nach WestLB-Chef Thomas Fischer wird das auch so bleiben. Der mächtige Bankdirektor hat sich gegen Erwins Pläne einer gemeinsamen Holding von einzelnen Sparkassen und WestLB ausgesprochen.
Dennoch befindet sich das öffentlich-rechtliche Bankenwesen in einem kräftigen Veränderungsprozess: Die in den Kommunen verwurzelten Geldinstitute müssen sich immer mehr auf den Markt einstellen. Der Grund: Seit Juli 2005 dürfen Kommunen in der Europäischen Union ihren Geldhäusern bei Solvenzproblemen nicht mehr mit Finanzspritzen aus Steuermitteln zur Hilfe eilen. Und ohne das vertraute Sicherheitsnetz der Kommunen müssen die Kassen deshalb nun wettbewerbsfähiger arbeiten.
Ein komplizierter Balanceakt für die Institute: Denn andererseits sollen die Sparkassen wie bisher Anlaufstelle für Kleinanleger und den kreditsuchenden Mittelstand bleiben. Sie müssen also exakt jenes Klientel bedienen, das für die privaten Großbanken nicht lukrativ ist. „Die Sparkassen sind eine regionale Klammer“, sagt etwa der grüne Finanzpolitiker im Landtag, Rüdiger Sagel. Der Erfolg der regionalen Wirtschaft sei mit dem Erfolg der jeweiligen Sparkassen verknüpft.
Auf die mehr am Markt orientierte Ausgangslage haben viele der Sparkassen schon reagiert. Für sie stehen „Fusionen“ auf der Tagesordnung, um zumindest im Verwaltungsbereich Kosten zu sparen. Im Rheinland hat sich die Zahl der Sparkassen schon reduziert. Auch in Westfalen, wo viele kleine Häuser zu Hause sind, geht es um Zusammenlegungen.
Weder Finanzinstitute noch Finanzministerium streben Privatisierungen und Holding an, da ist der Ärger innerhalb der Landtagskoalition programmiert. Denn FDP-Fraktionschef Gerhard Papke ist gegen die Fusionsmodelle in der Bankenprovinz. Der Liberal hat Sympathien für die Forderungen von Düsseldorfs Unions-Bürgermeister Joachim Erwin erkennen lassen. Die FDP will so den Einfluss der Kommunen auf die Sparkassen mindern und Strukturen bei den Sparkassen einführen, die den Einstieg von Privatbanken ermöglichen. Als Ausweg aus der vorgezeichneten Frontstellung im Regierungslager bietet sich der Vorschlag vom Bochumer Professor Stephan Paul an. Der Finanzwissenschaftler regt an, es den Bürgern künftig zu erlauben, Anteile an „ihren“ Sparkassen zu erwerben. Vielleicht lässt sich so auch die Frage der Privatisierung mit der regionalen wie kommunalen Finanzwirtschaft versöhnen.