: Arbeitsteilung an den Grenzen
EU Kommission will Grenzschutzagentur Frontex besser ausrüsten. Dazu sollen die Mitgliedstaaten verbindliche Zusagen über Mitarbeiter und technisches Gerät machen
AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER
23,4 Millionen Menschen sind 2008 auf dem Landweg über Polen in die Europäische Union eingereist. Über Deutschland kam niemand, da das Land von anderen EU-Staaten umgeben ist und keine EU-Außengrenze mehr besitzt. Da Polen wie Deutschland zum sogenannten Schengenraum gehört, kontrollieren polnische Grenzbeamte auch bei den nach Deutschland weiterreisenden Besuchern, ob sie gültige Einreisepapiere haben.
27,7 Millionen Menschen reisten im gleichen Jahr per Flugzeug über die Niederlande in die EU, 5,8 Millionen auf dem Seeweg über Griechenland. Um die daraus entstehenden Belastungen besser zu verteilen, gründete die EU 2005 die Grenzschutzagentur Frontex. Die Zentrale in Warschau hat 220 Mitarbeiter. Ihre ständig wachsenden Aufgaben bei der Ausbildung von Grenzbeamten, der Koordination von Küstenpatrouillen oder Abschiebeflügen erledigt die Behörde mit Ausrüstung und Personal, die die Mitgliedstaaten von Fall zu Fall zur Verfügung stellen.
Doch die Solidarität lässt zu wünschen übrig. Von den 18 Flugzeugen, 20 Hubschraubern und 91 Schiffen, die am 1. Januar 2008 theoretisch im Frontex-Pool zur Verfügung standen, kamen nur 8 Flugzeuge, 5 Helikopter und 12 Schiffe zum Einsatz. Der Rest wurde nie bereitgestellt.
Mit diesen leeren Versprechungen will die neue schwedische Innenkommissarin Cecilia Malmström nun aufräumen. Sie plant eine Richtlinie, nach der sich Mitgliedstaaten ein Jahr im voraus festlegen sollen, welche Geräte und Mitarbeiter sie zur Verfügung stellen. Außerdem soll Frontex einen eigenen Ausrüstungspool aufbauen. Schließlich will die neue Kommissarin sicherstellen, dass bei Grenzaktionen und Abschiebungen die Genfer Menschenrechtskonvention beachtet wird.
Malmström kündigte an, Grenzbeamte künftig in der Ausbildung mehr für diese Frage zu sensibilisieren und bei Sammelabschiebungen einen Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes an Bord zu haben. „Diese Menschen suchen ein besseres Leben, sie sind keine Kriminellen und müssen entsprechend internationalen Konventionen behandelt werden“, erklärte die neue Kommissarin, deren Heimatland Wirtschaftsflüchtlinge deutlich großzügiger einreisen lässt als die meisten anderen EU-Mitgliedstaaten.
Gleichzeitig ist aber auch geplant, bei der Abwehr illegaler Flüchtlinge enger mit der Türkei und Libyen zusammenzuarbeiten. „Die Gespräche mit der Türkei gehen voran“, erklärte Malmström. Die Verhandlungen mit Libyen waren unter Malmströms Vorgänger Jacques Barrot begonnen worden. Ein geplanter Besuch der EU-Kommission in Tripolis kam bislang nicht zustande. Durch den jüngsten diplomatischen Streit Gaddafis mit der ebenfalls zum Schengenraum gehörenden Schweiz sind die Gespräche ins Stocken geraten. Mit dem Plan, den Menschenrechten in der europäischen Flüchtlingspolitik mehr Geltung zu verschaffen, dürften sie sich ohnehin nicht vereinbaren lassen.