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LARS PENNING
Natürlich muss man Luchino Visconti nicht neu entdecken. Seine bekanntesten Filme laufen regelmäßig in den Kinos, und seinen Rang als einer der bedeutendsten europäischen Autorenfilmer der Zeit bis in die 1970er Jahre hinein wird ihm auch niemand streitig machen. Doch die mit Unterstützung des Italienischen Kulturinstituts entstandene Visconti-Retrospektive im Babylon Mitte ist schon etwas Besonderes: Gezeigt werden alle verfügbaren Visconti-Filme – und die meisten von ihnen in 35-mm-Kopien im Original mit englischen Untertiteln, was heute schon längst nicht mehr selbstverständlich ist. Und so lässt sich Viscontis Entwicklung als Filmemacher über die Jahrzehnte beobachten: Wie er etwa mit „Ossessione“ (1943), seiner Bearbeitung des James-M.-Cain-Krimis „The Postman Always Rings Twice“, den Neorealismus initiierte, um den verlogenen Historiendramen der faschistischen Ära etwas entgegenzusetzen. Und wie er mit „Rocco und seine Brüder“ (1960), einem Drama über die Migration einer süditalienischen Familie aus ihrer ländlichen Heimat ins industrialisierte Mailand, auch den Schlusspunkt des Neorealismus setzte und in seinem Werk zu einer ganzen Serie von großen Melodramen um den unaufhaltsamen Zerfall von Familienbanden wie „Der Leopard“ (1962), „Die Verdammten“ (1969) und „Gewalt und Leidenschaft“ (1974) überging. Doch egal, wie opernhaft die Themen seiner Filme auch gewesen sein mögen – dem Realismus blieb Visconti in seiner detailversessenen Inszenierung stets treu. (Visconti-Retro 21.–30. 6. im Babylon Mitte)
Stummfilme mit Live-Vertonung der Bands ALP und Tronthaim bietet das Kino Central vom 20. bis 23. 6.: Mit Eisensteins Revolutions- und Montageklassiker „Panzerkreuzer Potemkin“ (1925) sind die Elektroniker von ALP schon seit Jahren erfolgreich auf Tour; interessant dürfte aber vor allem auch Lotte Reinigers Scherenschnittfilm „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ (1926) mit den nicht minder elektronischen Klängen von Tronthaim werden: Mal sehen, wie das mit dem von „1.001 Nacht“ inspirierten Märchen um den Prinzen, der mit einem bösen afrikanischen Zauberer und den Dämonen von Wak-Wak um die schöne Pari Banu streitet, zusammenpasst. (Potemkin 20. 6., Abenteuer des Prinzen Achmed 21. 6. Central Kino)
Ein Film noir mit einer „bösen“ Frau: In Otto Premingers „Angel Face“ (1952) reißt die wunderbare Jean Simmons als verwöhntes, vaterfixiertes Mädchen aus reichem Haus nicht nur den verliebten Chauffeur (Robert Mitchum) buchstäblich in den Abgrund. Wie so oft in den Melodramen Premingers machen sich die Männer auch hier völlig falsche Vorstellungen von den Frauen. (OmU 25. 6. Freiluftkino Mitte)