: Tote kosten keine Umsatzsteuer
Wenn der Staat eine herrenlose Leiche unter die Erde bringt, müssen die Verwandten das Begräbnis auch dann zahlen, wenn sie das Erbe ausschlagen oder seit Jahren keinen Kontakt mehr hatten
Bremen taz ■ Als sein Bruder Rolf am 16. Mai 2003 starb, da hatte Klaus K. schon viele Jahre lang nichts mehr von ihm gehört. Überhaupt erfuhr er vom Tod erst, als der 49-Jährige schon unter der Erde lag. Und das Institut für Rechtsmedizin Klaus K. und seiner Schwester für die amtliche Bestattung fast 1.700 Euro in Rechnung stellte. Völlig zu Recht – entschied gestern das Bremer Verwaltungsgericht. Angehörige müssen auch dann für die Beerdigungskosten ihrer Eltern, Kinder oder Geschwister aufkommen, wenn sie das Erbe ausgeschlagen und den Kontakt abgebrochen haben.
Klaus K. sah das anders. Er habe zu seinem Bruder kein anderes Verhältnis gepflegt als alle anderen Menschen auch. Nur dem „zufälligen Ereignis der Geburt“ sei es geschuldet, dass er jetzt fast 800 Euro zahlen solle. Das sei doch ungerecht, womöglich sogar verfassungswidrig, argumentierte der Rechtsanwalt Uwe Körber. Und überhaupt: Er habe sich gerade eine Eigentumswohnung gekauft, sagt Klaus K., da könnten solch hohe Begräbniskosten schnell den Lebensstandard senken: „Das ist nicht zumutbar.“ Der Staat müsse die Rechnung begleichen, findet Klaus K. Am Ende zog er seine Klage gleichwohl zurück. „Der Fall ist für sie aussichtslos“, hatte ihm Richter Ingo Kramer zuvor bescheinigt.
Nicht herangezogen wird nur, wer Opfer einer schweren Straftat wurde. So wie die Schwester von Silvia E., einst vom Vater sexuell missbraucht. Doch schon E. selbst kann sich nicht darauf berufen. Dass sie ihren Vater Rudolf Z. gar nicht kennt, galt dem Gericht nicht als eine „unbillige Härte“ – die von den Begräbniskosten befreit. Und auch die Tatsache, dass der Vater seinen vier Kindern nie Unterhalt zahlte, nützte E. nichts. Insgesamt stehen für den toten Z. fast 2.000 Euro in Rechnung.
Diese Kosten übernimmt der Staat nur dann, wenn man nachgewiesenermaßen kein Geld hat. Bis vor wenigen Jahren, vermutet Richter Kramer, zahlten die Sozialbehörden noch regelmäßig. Doch inzwischen, sagt Kramer, prüften die Ämter strenger, ob einer bedürftig ist oder nicht. „Wo man früher mit dem Fernglas geguckt hat, schaut man heute durchs Mikroskop.“
Selbst die nunmehr anfallenden Umsatzsteuern des 2004 privatisierten Instituts für Rechtsmedizin werden den Hinterbliebenen in Rechnung gestellt. Wenigstens die müssen sie nicht zahlen, entschied Richter Kramer gestern. Durch die Privatisierung, so sein Urteil, darf die einst steuerfrei vom Staat erbrachte Leistung die BremerInnen nicht mehr Geld kosten als früher. Mit anderen Worten: Das Klinikum Mitte, dem das Institut für Rechtsmedizin jetzt gehört, bleibt auf seinen Umsatzsteuern sitzen. Und das nicht nur im Fall von Silvia E. Jan Zier