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Archiv-Artikel

Heavy Metal und schwäbische Alb

betr.: „Grunzband im Kuhkaff“, taz vom 2. 2. 06

Ich nehme den Artikel von Andreas Hartmann zum Anlass, gleich zwei Eimer aufgestauten Unmuts in einen Leserbrief auszuschütten. Heavy Metal und schwäbische Provinz: Ein paar Jahre taz-Lektüre lassen mich zu dem Urteil gelangen, dass beide sich außerhalb Ihrer mich ansonsten beeindruckenden Kompetenzen befinden.

Ich möchte darauf hinweisen, dass im Heavy Metal neben fraglos vorhandenem Schweinerock auch sehr intelligente Texte und mitunter ein Songwriting von großer Musikalität zu finden sind, von brillanten Musikern ganz zu schweigen. Es gäbe da noch einiges für Sie zu entdecken. Kennzeichnend für die Unterlassung der Recherchearbeit auf diesem Gebiet war allerdings einst das ganzseitige Interview ausgerechnet mit dem Bassisten von Manowar, einer Band, die in der Metalszene selbst wegen Texten voller Kriegs- und Vergewaltigungsfantasien umstritten ist. Aber wen Stefan Raab auftreten lässt …

In schwäbischen Dörfern gibt es neben der von Ihnen regelmäßig mehr oder weniger deutlich konstatierten südprovinziellen Unbildung, die den Oettingers dieses Landes zuträglich sein mag, auch durchaus Zeichen von echter Menschlichkeit und intelligentem Leben; Menschen, die unter widrigen Bedingungen und Anfeindungen aus der Dorfgemeinschaft wacker für Ideale einstehen, die auch der taz nicht fremd sein dürften. Ich rege zu einer Reportage darüber an.

Abschließend zwei Fragen: Halten Sie die Stadtbevölkerung, insbesondere die Berlins, für insgesamt toleranter und intelligenter als die Dorfbevölkerung? Finden Sie, dass man nur in Büchern oder Filmen seine Wut legitim äußern darf, nicht aber in der Musik?

Ich stamme übrigens sehr gern von der schwäbischen Alb und bin Fan ganz bestimmter Metal-Stilrichtungen unter den vielen. Ich lebe allerdings (auch sehr gern) in Berlin, kaufe fast ausschließlich in türkischen Geschäften ein und bin als Liedermacher unterwegs. Und ich lese die taz. Können Sie sich so einen Menschen vorstellen, eingedenk seiner Herkunft? JAN KOCH, Berlin

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.