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Archiv-Artikel

Hummer im Topf

WAS SAGT UNS DAS? Die polarisierende Automarke Hummer wird es demnächst nicht mehr geben

Klar war, dass es ihm an den Kragen gehen würde. Nun ging’s ganz schnell. In der Nacht zu Donnerstag ist auch der angepeilte Verkauf an den chinesischen Maschinenhersteller Tengzhong geplatzt, weil die Behörden – angeblich aus Gründen der Umweltfreundlichkeit – ihre Zustimmung zu dem Geschäft verweigert hatten. Was, mit Blick auf Chinas übrige Bemühungen um den Klimaschutz, rasch als rührende Lüge entlarvt werden kann. Wahrscheinlicher ist, dass „den Behörden“ die sagenhafte Unrentabilität dieses Produktes nicht entgangen ist. IBM haben sie noch gekauft und Lenovo daraus gemacht. Beim Hummer aber hat Peking dankend abgelehnt. Man lässt sich ja nun nicht jeden Quatsch andrehen.

Was aber wiederum ganz gut zum Thema passt, dürfte doch über kaum ein Automobil so viel Unsinn erzählt worden sein wie über den klobigen Geländewagen von GM. Ein Phallus auf vier Rädern sei das, ein Beispiel amerikanischer Prunk- und Verschwendungssucht, ein geschmackloses Unding. Nichts davon ist wahr. Hierzulande mögen Hummer zwar vor allem von Zuhältern und Spielhallenbetreibern bewegt worden sein, aber die fahren auch gerne Corvette oder Pick-up. In den USA waren es nachweislich Frauen, die sich in diesem blechernen „Phallus“ einfach besonders sicher fühlten. Auch lässt es sich viel besser mit einem Maybach oder Bentley „prunken“ als mit einem verhältnismäßig schmucklosen Wagen wie dem Hummer. Und an Sprit „verschwendet“ jeder SUV aus deutscher Produktion mindestens ebenso viel wie das Lieblings-Hassobjekt der ökologisch bewegten Linken.

Nein, das eigentliche Problem dieses Westentaschenpanzers war – neben seiner Ordinarität – immer die Herkunft aus dem Militär, die zivile Ableitung aus dem HMMV, vulgo: „Humm-Vee“. Gerade nach 9/11 signalisierte und suggerierte der Hummer im Straßenverkehr zweierlei, nämlich passive Sicherheit und aggressive Zurüstung für kommende Kämpfe. Dass der Hummer nun auch als Marke verschwindet, bedeutet daher vor allem, dass die Ära Bush endgültig zu Ende gegangen ist. Wurde ja auch Zeit. ARNO FRANK