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Archiv-Artikel

die taz vor elf jahren zur vorzeitigen freilassung des RAF-mitglieds christine kuby

Christine Kuby muß nicht mehr zurück in den Knast. Gestern früh beschloß das hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg nach Informationen der taz die vorzeitige Entlassung der zu lebenslanger Haft verurteilten RAF-Gefangenen nach etwas mehr als 17 Jahren. Als Datum für die Freilassung legten die Richter den 22. Februar fest, den Tag, an dem Christine Kuby aus einer Rehabilitationsklinik entlassen werden soll. Wegen einer Bandscheibenoperation hatte ihr die Bundesanwaltschaft Ende letzten Jahres eine Haftunterbrechung gewährt. Nun wird daraus endgültige Freiheit.

Das Entlassungsverfahren im Fall der inzwischen 38jährigen lief über zwei Jahre. Nach einer Anhörung der Inhaftierten im Januar 1993 setzte das Gericht wegen der „Schuldschwere“ eine zu verbüßende Strafzeit von 16 Jahren fest. Die Auseinandersetzung um die Modalitäten eines nach dem Gesetz vorgeschriebenen Sachverständigengutachtens verzögerte die Entlassung um ein weiteres Jahr. Kuby verweigerte, wie vor ihr andere RAF-Gefangene, ein „Explorationsgespräch“ mit einem Psychiater. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof mit einem Beschluß den Weg für Gutachten frei gemacht, die im wesentlichen „nach Aktenlage“ erstellt werden. Der Gutachter zog in seiner Expertise vom 23. Januar den Schluß, daß bei Christine Kuby „eine Gefährlichkeit nicht mehr fortbesteht“. Die Karlsruher Bundesanwaltschaft stimmt der Entlassung ebenfalls zu. Unterstützer der RAF-Gefangenen hatten noch am vergangenen Wochenende gegen die mögliche Rückverlegung Kubys ins Gefängnis protestiert.

Christine Kuby war im Sommer 1977 in den Untergrund abgetaucht. Im Januar 1978 wurde sie nach einer Schießerei mit zwei Polizisten in Hamburg-Winterhude festgenommen. Sie selbst und ein Polizist wurden verletzt. Wegen Mordversuchs in zwei Fällen verurteilte sie das Oberlandesgericht Hamburg 1979 zu lebenslanger Haft.Gerd Rosenkranz, 11. 2. 1995