: Das verkannte Element
BIO-SIEGEL EU diskutiert geringeren Schwefelgehalt bei Bio-Weinen. Für deutschen Ökoweinbau wäre das fatal
Die EU will den Schwefelgehalt bei Bio-Weinen drastisch verringern. Hintergrund ist die Arbeit an einem neuen EU-Bio-Siegel und der Wunsch der Verbraucher nach weniger Zusatzstoffen. Die deutsche Weinbranche sieht das sehr kritisch: Sie befürchtet eine Verteufelung des Schwefels und Wettbewerbsnachteile für Öko-Winzer Mitteleuropas, die aus klimatischen Gründen auf das Schwefeln angewiesen seien. „Ohne ausreichenden Gehalt an freiem Schwefel kann es keinen haltbaren Wein geben“, sagt der Autor Willi Reisinger, der in einer Broschüre die Ehre des Schwefels zu retten versucht.
„Enthält Sulfit“, dieser Hinweis auf Weinetiketten ist schon seit Ende 2005 obligatorisch. Fast alle Weinflaschen tragen diesen Hinweis, weil das Schwefeln seit dem Altertum zu den grundlegenden Techniken der Weinbereitung gehört. Der EU geht es dabei um eine Warnung: Schwefel kann eine Allergie auslösen und muss deshalb wie alle allergenen Stoffe deklariert werden.
Die EU will durch die Herabsetzung des Schwefels auch erreichen, dass sich Bio-Wein stärker vom konventionellen Wein unterscheidet. Den EU-Vorschriften nach unterscheidet sich Öko-Wein heute nur im Anbau der Trauben, nicht jedoch in der Herstellung. Viele Bio-Winzer gehen auch bei der Weinbereitung heute schon freiwillig über die EU-Richtlinie hinaus.
Die EU-Pläne hält Klaus Rückrich vom Deutschen Weinbauverband für keine gute Idee: „Wir meinen, dass sich eine Profilierung von Ökoweinen nicht am Schwefel festmachen darf.“ Wenn sich bei einem verregneten Sommer Pilze und Bakterien in den Beeren festsetzten, sei mit dem Schwefel am leichtesten zu verhindern, dass der Wein verderbe.
Dazu kommt das Problem der Oxidation. „Wir müssen von Alters her die überschnelle Oxidation verhindern“, sagt der Hamburger Kellermeister Horst von Have. Schwefel sei dafür das beste Mittel. Erhält der Wein zu schnell zu viel Sauerstoff, verfärbt er sich wie angeschnittenes Obst und verliert seine Frische.
Lotte Pfeffer-Müller, Präsidentin des Bio-Wein-Verbands Ecovin argumentiert, dass Wein – ob öko oder nicht – auf die gleiche Weise entstehe. „Wir haben nicht ein anderes Produkt, bei dem man sagen könnte, wir haben eine andere biochemische Verarbeitung“, sagt sie. Entscheidend sei, dass Wein ein Naturprodukt bleibe. GERNOT KNÖDLER