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Archiv-Artikel

Mehr Schutz für Kinder

Bundesrat fordert verpflichtende Teilnahme an Kinderuntersuchungen. Kassen begrüßen Initiative

BERLIN ap ■ Mehr Hilfe für verwahrloste und vernachlässigte Kinder hat der Bundesrat gefordert. Fünf Länder brachten am Freitag einen Antrag ein, mit dem die Bundesregierung aufgefordert werden soll, die Früherkennungsuntersuchungen der Krankenkassen „so verbindlich wie möglich“ zu machen. Folgen Eltern der Einladung nicht, soll ein Austausch von Daten zwischen Kassen und Jugendämtern möglich sein.

Der Hamburger Gesundheitssenator Jörg Dräger sagte, der Fall der wegen Vernachlässigung gestorbenen neunjährigen Jessica habe die Öffentlichkeit alarmiert. Das Mädchen war von seinen Eltern systematisch von der Außenwelt isoliert worden und schließlich zu Hause verhungert. Zwar solle es auch künftig keine Zwangsuntersuchungen beim Kinderarzt geben. Aber die Daten der nicht untersuchten Kinder müssten verwendet werden können, um Hilfsangebote zu machen. Sämtliche Möglichkeiten der Früherkennung müssten genutzt werden, verlangte auch der nordrhein-westfälische Bundesratsminister Michael Breuer. „Anzeichen von Vernachlässigung, Gewalt oder sexueller Misshandlung müssen frühzeitig erkannt werden.“

Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen begrüßten ebenfalls den Ländervorstoß im Bundesrat. Zwar nähmen derzeit über 90 Prozent der unter Zweijährigen an den Kinderuntersuchungen teil. „Dennoch kann die Teilnahmequote an Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern sicher nicht hoch genug sein.“

Derzeit überprüfen die Kassen, ob künftig alle Kinder nicht nur auf Krankheiten, sondern auch auf Zeichen von Misshandlung und Verwahrlosung untersucht werden sollen. Eine Zusammenarbeit zwischen Jugend- und Sozialämtern sei hier auch erforderlich.

Auch Bundesärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe forderte regelmäßige Vorsorgechecks an Schulen. „Dazu brauchen wir aber einen funktionierenden Gesundheitsdienst, der auch ausreichend öffentliche Mittel erhält,“ fordert der Ärztekammerpräsident.

„Der Vorschlag des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, die Zahlung des Kindergelds an eine regelmäßige Vorsorgebetreuung der Kinder zu knüpfen, findet unsere Zustimmung.“ Ein Zwang zur ärztlichen Untersuchung sei dagegen aus rechtlichen Gründen fragwürdig. Der Entschließungsantrag der Länder wird jetzt zunächst in den Ausschüssen des Bundesrats geprüft.