piwik no script img

Archiv-Artikel

Lange nicht mehr so politisch

CSD Unter dem Motto „Schluss mit den Sonntagsreden“ zogen anlässlich des diesjährigen Christopher Street Day Tausende Schwule und Lesben durch Berlin. Die CDU durfte diesmal nicht mitfahren

Tausende Schwule und Lesben haben in Berlin mit einer großen Straßenparade zum Christopher Street Day (CSD) gegen gesellschaftliche Diskriminierung demonstriert. Unter dem Motto „Schluss mit Sonntagsreden“ zogen sie am Samstag vom Kurfürstendamm zum Brandenburger Tor. Am Straßenrand verfolgten Schaulustige den bunten Umzug mit 50 Wagen und Dutzenden Gruppen zu Fuß. Die Veranstalter sprachen von 700.000 Menschen.

Bis in die Nacht hinein feierten sie ausgelassen und friedlich, wie ein Polizeisprecher am Sonntag sagte. Zu den CSD-Forderungen gehörte eine rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien. Das Spektakel, das zum 35. Mal durch die Hauptstadt zog, war lange nicht mehr so politisch. Die CDU durfte diesmal nicht mit einem eigenen Wagen mitfahren – wegen ihres Kurses bei der Gleichstellung von Schwulen und Lesben war die Partei von den Veranstaltern ausgeschlossen worden. Allerdings war die LSU, die Untergruppe der Schwulen und Lesben in der Union, mit einem Wagen dabei.

In CDU und CSU lehnen viele eine völlige rechtliche Gleichstellung schwuler und lesbischer Partnerschaften trotz eindeutiger Verfassungsgerichtsurteile weiterhin ab. Vor der CDU-Bundeszentrale stoppte der Umzug und die Menge startete ein lautes Pfeifkonzert. Protestiert wurde beim Berliner CSD aber auch gegen die Diskriminierung von Homosexuellen im Ausland, etwa in Russland oder in Ungarn.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte der Nachrichtenagentur dpa, es sei richtig, gegen „verfehlte Politik“ zu protestieren. Ob man mit dem Ausschluss eines Wagens oder einer Partei reagieren sollte, sei aber eine andere Frage. 2012 hatte Wowereit die CSD-Parade mit dem CDU-Landesvorsitzenden Frank Henkel eröffnet, der diesmal auf eine Teilnahme verzichtete.

Der Landesvorsitzende der LSU, Martin Och, bezeichnete den Ausschluss der Union als „fatales Signal“. Wer für Akzeptanz und Toleranz werbe, müsse auch andere Meinungen akzeptieren, sagte Och und sprach von einer einseitigen „Wahlkampfmasche“.

Der CSD erinnert an einen Aufstand von Homosexuellen gegen Polizeirazzien 1969 in der Christopher Street in New York. Seitdem gehen jedes Jahr weltweit Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle für ihre Rechte auf die Straße. (dpa)